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abhandlung, als auch in Bezug auf die Vormundschaft und Kuratel, die Legiti-
mation von Kindern, die Fideikommissangelegenheiten, das Grundbuchswesen.
Der Inhalt der Jurisdiktionsnorm ist daher ein ganz ausserordentlich reicher
und viel verzweigter. Derselbe schlägt fast in alle Partien des civilgericht-
lichen Verfahrens ein, berührt mehr oder minder stark sämmtliche Zweige des
Privat- und öffentlichen Rechts, in nicht geringem Masse speziell auch die
völkerrechtlichen Beziehungen der Gerichtshoheit des Staates, und eben des
halb ist eine genau erläuternde Darstellung dieses Gesetzes von besonderem
Interesse, aber auch mit sehr bedeutenden Schwierigkeiten verbunden.
Das uns vorliegende Werk HorteEn’s ist seinen Aufgaben in aus-
gezeichneter Art gerecht geworden. Das enorme Material, welches die
verschiedenen Wechselbeziehungen zwischen der Jurisdiktionsnorm und den
darin gestreiften zahlreichen Zweigen der Gesetzgebung umfasst, ist von dem
Kommentator in vollkommen erschöpfender Art herbeigezogen worden.
Die Darstellung ist dabei durchaus nicht weitläufig, sondern kurz, sicher
und gedrängt. Die den einzelnen Paragraphen der Jurisdiktionsnorm selbst
und den Artikeln des Einführungsgesetzes beigefügten Erläuterungen sind
stets in wohlthuender Systematik geordnet. Auch sind sämmtliche ein-
schlagende Literaturangaben mit der grössten Vollständigkeit beigefügt. Be-
sondere Erwähnung verdienen einige grössere Darstellungen, welche dem Kom-
mentar eingegliedert sind, so insbesondere die über die Grenzlinien zwischen
Justiz und Verwaltung und über den Begriff der „bürgerlichen Rechtssache“
in den Erläuterungen zu $ 1 der Jurisdiktionsnorm (S. 71—100). Verf.
definirt die „bürgerliche Rechtssache“ als alles das, was bloss eine Wahr-
nehmung privatrechtlicher Verhältnisse bedingt; wo politische Gesichtspunkte
in die Hauptfrage einspielen, liegt nach Ansicht des Verf. eine „publizistische
Rechtssache“ vor. Man muss bei dieser Darstellung in Betracht ziehen, dass
der österreichischen Gesetzgebung eine auch nur halbwegs genaue Feststellung
des Begriffes „Civilprozesssache“ seit jeher gänzlich fremd war, und dass der
österreichische Jurist auf die aus den verschiedensten Zeiten bis über ein
Jahrhundert-zurückreichenden, nicht immer consequenten zahlreichen Spezial-
normen beschränkt ist, um diesen Begriff auch nur einigermassen fassen zu
können. Die neuen Prozessgesetze haben es leider unterlassen, in dieser
Beziehung kodifizirend einzugreifen; weder in der Civilprozessordnung, noch
im Gerichtsorganisationsgesetze, noch in der Jurisdiktionsnorm findet sich
auch nur eine Andeutung darüber, was unter „bürgerlicher Rechtssache“
oder „bürgerlicher Rechtsstreitigkeit“ (Civilprozesssache) zu verstehen sei;
und so ist die ganze Masse der bisherigen, in den verschiedensten Zeiten
entstandenen, zum Theil ganz entgegengesetzten prinzipiellen Auffassungen
entsprungenen Spezialvorschriften in dieser Beziehung stillsehweigend in den
neuen Rechtszustand herübergenommen. Man wird kaum eine klarere und
eingehendere zusammenfassende Darstellung dieser Fragen finden, als eben
die in dem vorliegenden Werke, welches sich auch auf die neueste Literatur