_—- 68 —
staltung des materiellen Musterrechts in den Kolonien aus. Diese
Wirkung geht nun nach den Verträgen mit Oesterreich-Ungarn,
Italien, Serbien und der Schweiz — also mit allen genannten
Staaten mit Ausnahme Belgiens und Japans — hinaus über die
Angehörigen dieser Staaten. Denn diesen Staatsangehörigen
stehen auch diejenigen Personen gleich, welche, obwohl nicht
Angehörige des Vertragsstaates, doch in ihnen ihren Wohnsitz
oder ihre Hauptniederlassung haben. Danach zieht also von
dem Inhalte der Verträge auch der Russe, welcher in Serbien
wohnt, der Franzose, welcher in Italien seine Hauptniederlassung
hat, u. s. w. vollen Nutzen. Dieser Nutzen besteht nun nach den
Verträgen (mit Ausnahme wiederum Japans und Belgiens) darin,
dass das zeitliche Vorrecht (die Priorität) einer Anmeldung in
einem der vertragschliessenden Staaten sich nach dem Zeitpunkte
der früheren Anmeldung im anderen Vertragsstaate bestimmt,
falls die spätere Anmeldung innerhalb eines Zeitraumes von drei
Monaten, gerechnet vom Tage der früheren Anmeldung — diesen
Tag nicht mitgerechnet —, erfolgt. Ein Beispiel möge dieses
Verhältniss besonders klarstellen. Hat ein Schweizer am 1. Juni
1898 bei dem eidgenössischen Amte in Bern ein Muster an-
gemeldet, und meldet er das nämliche Muster bis spätestens zum
1. September 1898 bei der Behörde in Kiautschou an, so wird
diese Anmeldung so angesehen, als habe der Schweizer das
Muster auch für das deutsche Reichsgebiet bereits am 1. Juni
1898 angemeldet. Er hat das Vorrecht, folgeweise auch das
Verbietungsrecht gegen andere, selbst gegen deutsche Anmelder,
welche dasselbe Muster nach dem 1. Juni 1898 bei irgend einem
deutschen Musterregister oder in den Schutzgebieten oder in den
Konsulargerichtsbezirken angemeldet haben. Auf die hieraus sich
ergebende Möglichkeit höchst schwieriger Verwicklungen der
Rechtszustände einzugehen, ist hier nicht der Ort. Dagegen
mag noch darauf hingewiesen werden, dass die dreimonatliche
Frist unter Umständen sich als zu kurz erweisen kann, weil