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nach erreichter Volljährigkeit sprechen übrigens noch weitere
Erwägungen.
Die Bestimmung empfiehlt sich zunächst aus inneren Gründen.
Wie wir im Laufe der Darstellung fortgesetzt zu beobachten
Gelegenheit hatten, zieht sich durch die gesammte Gesetzgebung
der Gedanke, dass Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit
ein Ergebniss der freien Willensbestimmung der betheiligten
Personen sein soll. Bei einem Kinde lässt sich nun allerdings
von einer freien Willensbestimmung noch nicht reden. Wir
müssen aber annehmen, dass das Kind dem Staate angehören
will, dem seine Eltern angehören oder, vielleicht richtiger aus-
gedrückt, dass es dem Willen der Eltern, der die mangelnde
Willensfähigkeit des Kindes zu ergänzen berufen ist, entspricht,
dass das Kind ihre Staatsangehörigkeit theile.. Auf dieser An-
nahme beruht auch der in der Theorie als einzig richtig bezeichnete
Satz, dass die Staatsangehörigkeit eines Kindes durch dessen
Abstammung bestimmt wird, ein Satz, den auch die Gesetzgebung
der überwiegenden Mehrzahl der Staaten sich zu eigen gemacht
hat und an welchem, soweit es sich um die im Auslande geborenen
Kinder ihrer Angehörigen handelt, selbst jene Staaten ausnahmslos
festhalten, die den im Inlande geborenen Kindern ausländischer
Eltern die inländische Staatsangehörigkeit verleihen.
Wichtige Gründe sprechen aber auch vom Standpunkte des
Aufnahmestaates dafür, dem im Inlande geborenen Kinde eines
Ausländers die inländische Staatsangehörigkeit erst nach erreichter
Volljährigkeit zu verleihen. Die Aufnahme eines Ausländers in
den Staatsverband auf Ansuchen wird fast in allen Staaten davon
abhängig gemacht, dass die Person in der Lage ist, sich ihren
Unterhalt zu verschaffen und dass gegen dieselbe keine Thatsachen
vorliegen, welche eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch
sie befürchten lassen. So wünschenswerth es für einen Staat
sein kann, die überwiegende Mehrzahl der im Staatsgebiete sich
aufhaltenden Personen auch zu seinen Staatsangehörigen zählen