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Dr. jur. Paul Krückmann, a. o. Professor in Greifswald, Anschauungs-
mittelfür den Rechtsunterricht. Leipzig, Dieterich’sche Verlags-
buchhandlung (Theodor Weicher), 1900. IV und 297 8.4°. Geb. M.6.—.
Auf die Notwendigkeit, den Unterricht in der Rechtswissenschaft durch
Anschauungsmittel zu beleben und erspriesslich zu gestalten, ist in neuerer
Zeit wiederholt aufmerksam gemacht worden; schon vor 13 Jahren suchte
ich für die Einführung eines juristischen Anschauungsunterrichts Stimmung
zu machen, wie die 1. Auflage meiner „Encyklopädie und Methodologie der
Rechtswissenschaft“ (1887 S. 185, 186) zeigt. V’or einem Menschenalter war
der akademische Unterricht der Juristen freilich weit davon entfernt, an-
schaulich zu sein! Konnte es doch damals sehr leicht vorkommen, dass
Wechselrecht vorgetragen wurde, ohne dass auch nur ein Formular einer
Tratte dem Jünger der Rechtswissenschaft vor die Augen brachte, wie das
Ding eigentlich aussieht, von dem der Professor wochenlang spricht; das
einzige Graphische in der juristischen Lehrmethode waren Stammbäume,
eine Anschauungserfindung, für welche glücklicherweise vergangene Jahr-
hunderte schon gesorgt hatten. Nun ist es anders geworden, und schon die
zahlreichen praktischen Uebungen einerseits und viele historischen Denk-
mäler, Urkundenabdrücke und dergl. andererseits sorgen dafür, dass die
Phantasie des Liernenden weit lebhafter angeregt und dem Studienzwecke
viel dienstbarer gemacht wird, als je vorher. Und damit wird ungemein
viel erreicht: der starke Vorsprung, den die Naturwissenschaften mit ihrer
ununterbrochen das Auge und die Phantasie beschäftigenden Unterrichts-
methode wie beim Knaben so auch noch beim jungen Manne naturgemäss
vor der nicht selten als „trocken“ bezeichneten Jurisprudenz voraushaben,
kann zwar selbstverständlich nie ganz wett gemacht werden, — das liegt
im Wesen der einen wie der anderen Wissenschaft; aber das wird durch
Anschauungsmittel auch für den Rechtsunterricht gewonnen, dass der Geist
des Lernenden viel mehr gefesselt wird als durch den lebendigsten mündlichen
Vortrag allein, und dass die Vorstellung von den Sachen, an welche die
Begriffe und die Rechtssätze angereiht werden, sich nicht bloss leichter und
rascher, sondern auch richtiger, reiner, vollständiger und nachhaltiger bildet,
als ohne das Anschauungsmittel.
Dass Krückmann hiefür ein offenes Auge hat und gerade ihm der
Zusammenhang seiner Wissenschaft mit dem Leben besonders lebhaft und
beständig vorschwebt, geht aus allen seinen Schriften hervor. Die vorlie-
genden „Anschauungsmittel für den Rechtsunterricht“ haben die Aufgabe,
dem gerügten Grundmangel der juristischen Lehrmethode bis zu einem ge-
wissen Grade abzuhelfen, und, das dürfen wir freudig anerkennen, sie erfüllen
diese Aufgabe. Mancher wird freilich wünschen, dass noch mehr an Stoff
geboten werde, als gegeben ist, dies spricht jedenfalls mehr für als gegen
die Berechtigung des Unternehmens. Ein Ueberblick über den Inhalt zeigt,
wie sich der Verf. bemühte, aus allen Gebieten der Rechtswissenschaft an-