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Paul v. Roth, Bayrisches Civilrecht. Zweite gänzlich umgearbeitete Auf-
lage unter Berücksichtigung des neuen Reichscivilrechts, bearbeitet von
HemricHh BEcHER. Drei Theile in sechs Bänden und einem Register-
heft. Tübingen, H. Laupp, 1881—1899. 8°. M. 59.60.
Die altbewährte Verlagshandlung hat es als ihre Ehrenpflicht erkannt,
das treffliche Werk unter hervorragender fachlicher Leitung in einer, dem
jüngsten Rechtszustande angepassten Bearbeitung neu aufzulegen. Damit ist
nicht nur dem Civilrecht, sondern in ganz hervorragendem Masse auch dem
deutschen öffentlichen Recht ein hervorragender Dienst geleistet worden.
Der Grund hierfür liegt in der eigenartigen Stellung des gesammten bayrischen
Rechts zum Gesammtrechtssystem des Deutschen Reiches, Der hier für das
Partikularrecht ausgesparte Raum — um ein Bild der Maltechnik zu ver-
werthen, — ist weit grösser als irgendsonst und im Mittelpunkt des Rechts-
systems gelegen, nicht an seiner äusseren Randlinie.
Vor mehr als zehn Jahren hat O. Mayer (im 3. Bande des Archivs für
öffentliches Recht) zutreffend die durch das Bürgerliche Gesetzbuch, das da-
mals erst in Aussicht stand, bevorstehende Grenzregulirung erörtert zwischen
dem deutschen Privatrecht und dem öffentlichen Recht der Einzelstaaten.
„Das sich auflösende deutsche Privatrecht sagte M., wird uns eine ganze Reihe
von Rechtsinstituten herausgeben, die es jetzt noch in Anspruch nimmt.“
Die Allgemeingültigkeit dieses Grundsatzes der Stoffgliederung hat seine Be-
schränkung gefunden im juristischen „Vorbehaltsgut* des bayrischen Par-
tikularrechts. Wie weit da wichtige Theile des öffentlichen Rechts hinein-
ragen, wie gross die Enklaven dieses Normenstoffes im Rechtssystem Bayerns
sind, das wird kaum aus einem anderen Werke so klar, wie aus dem vorlie-
genden. Im Interesse der nothwendigen Uebersicht ist es darum dankbar
zu begrüssen, dass beim jüngst erfolgten Abschluss des Werkes ihm ein so.
in's Detail gehendes gewissenhaftes Sachregister beigegeben worden ist, das
sofort erkennen lässt, in welchem Umfange sich das Rotu-BEcHer’'sche Werk
als nothwendige Ergänzung zu den fachlichen Bearbeitungen des Staats- und
Verwaltungsrechts des zweitgrössten deutschen Staates darstellt. So in An-
sehung des Adelsrechts, der vermögensrechtlichen Ansprüche der Staats-
diener und ihrer Angehörigen, des Fideikommisswesens, der Vermögens-
rechte der Kirche, der Rechtsverhältnisse des landesherrlichen
Hauses, des Gemeinde- und Heimathsrechts u. s. w. Dazu kommt, dass das
Eherecht und Armenwesen noch ein System internationalrechtlicher
Verkehrsnormen innerhalb des Deutschen Reiches zur Anwendung bringen
lassen. Wer bei aller Anerkennung der relativen Vorzüge der Rechtsein-
heit sich doch auch den historischen Sinn für die Triebkräfte des Mannig-
faltigen im Rechtsleben der deutschen Völker gewahrt hat, der wird in der
vorliegenden gross angelegten und tiefgehenden Arbeit auch eine wichtige
Fundquelle für den gegenwärtigen Bestand des deutschen öffentlichen Rechts
erblicken und dankbar begrüssen. M.B.