— 195 —
auf Art. 86, dass die Organisation der Gerichte auf Gesetz be-
ruhen solle, die Krone also nicht allein Prisengerichte einsetzen
dürfe. Die Kommission des Abgeordnetenhauses resolvirte frei-
lich, dass „die Krone nicht berechtigt sei, andere Verordnungen
zu erlassen als diejenigen, die zur Publikation eines Gesetzes
oder zur Ausführung eines Gesetzes erforderlich sind“*, Selbst-
redend betraf das Prisenreglement auch Vorschriften, „durch
welche Rechte der preussischen Staatsangehörigen mehr oder
minder berührt“ werden konnten, es enthielt, worauf TWESTEN
hinwies®, „auch Sätze, die nicht bloss Kriegs- oder völkerrecht-
licher Art sind“. Die Staatsregierung stimmte der Resolution
nicht bei, widersprach ihr vielmehr ausdrücklich und gab zu der
Auslegung der Verfassung durch die Kommission des Abgeord-
netenhauses die vom Grafen zur Lippe vorgetragene Erklärung
dahin ab: diese Auslegung beeinträchtige ganz wesentliche Rechte
der Krone, mehr als nach dem verfassungsmässigen Recht über-
haupt zulässig erscheine; denn die Staatsregierung nehme für
die Krone auf (rund der Verfassungsurkunde auf Grund des
in der Verfassungsurkunde der Krone ausdrücklich beigelegten
Rechtes der vollziehenden Gewalt® die Befugniss in Anspruch,
auch andere als bloss sog. Vollzugsverordnungen zu erlassen; seit
dem Bestehen der Verfassung seien fortwährend von Seiten der
Krone noch andere Verordnungen als blosse Vollzugsverordnungen
erlassen worden, ohne dass dagegen Widerspruch erhoben sei.
Zu den Materien, welche zur Gesetzgebung gehören, rechnet
Graf zur Lippe Aenderungen oder Deklarationen zu den mit
Zustimmung der beiden Häuser des Landtages erlassenen Ge-
* Vgl. die Rede des Abgeordneten Dr. Joun, Stenogr. Ber. des Ab-
geordnetenhauses 1865 S. 2080.
5 Ebendort S. 2080.
® Dieser Grund ist nicht stichhaltig; es kommt aber hier nicht auf die
Begründung, sondern auf Inhalt der Erklärung an. Die vollziehende Gewalt
hat auch der König von Belgien und doch hat er kein selbständiges Ver-
ordnungsrecht,
13*