Full text: Archiv für öffentliches Recht.Sechzehnter Band. (16)

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scheiden darf, sondern allein das Gesetz, das unwandelbar 
gleiche, das als ein immer Gegenwärtiges besteht, kein Ziel in 
der Zukunft hat; denn diesem zu Folge darf nur ein von der 
Persönlichkeit des Herrschers getrenntes Organ, das bloss dem 
Gesetze dient, die Entscheidung finden.“ Dass die ordentlichen 
Gerichte (anders Prisen-, Militärgerichte) nur formellen Gesetzen 
unterthan sein sollten, erkannte die Staatsregierung 1865 durch 
den Grafen zur Lippe an. 
IV. Was folgt aus dem Voraufgeführten? Erklärungen der 
Staatsregierung, eines Ministers, eines Gelehrten sind an sich 
kein zwingender Beweis. Sie sollen auch nur gegnerische Argu- 
mente entkräften. Eine fünfzigjährige Praxis, die vor den Augen 
des Landtages geübt würde, möchte dagegen ein hinreichender 
Beweis sein. Denn wohin soll man im Staatsleben kommen, 
wenn das von Millionen und aber Millionen millionenmal Befolgte 
(Schulregulative, Militärersatzinstruktionen, Militärdisziplinarord- 
nung, Kontrollordnungen, Telegraphenordnungen, Eisenbahn- 
betriebsreglements) so leichthin mit allgemeinen Worten an- 
gefochten werden kann? Dann könnte ebenso gut die Rechts- 
beständigkeit des Herrenhauses, der Auflösung des Deutschen 
Bundes u. s. w. angefochten werden. 
Der volle Beweis dafür, dass es in Preussen noch selbstän- 
dige Verordnungen geben darf, liegt aber darin (negativ), dass 
Gesetz im vorkonstitutionellem Preussen wie in Belgien!’ ein 
formeller Begriff ist, also aus der Anwendung dieses Wortes in 
—— ll [ 
10 VaAUTHIER, Belgisches Staatsrecht S. 99: „Die deutsche Unterschei- 
dung zwischen Gesetzen im formellen und materiellem Sinne — würde in 
Belgien schwerlich verstanden werden. Als Gesetz wird jeder Akt der 
souveränen Gewalt betrachtet, welcher zu freier Giltigkeit die Beobachtung 
der zur Schaffung eines Gesetzes nothwendigen Förmlichkeiten erfordert.“ 
S. im Allgemeinen auch Sarwey, Allgemeines Verwaltungsrecht in Marquard- 
sen’s Handbuch 8. 9ff.: „In keinem Staate ist eine Norm Gesetz, welche 
nicht die Willensäusserung der höchsten Gewalt ist. Diese höchste, die 
gesetzgebende Gewalt“ u. s, w.
	        
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