— 210 —
Welches ist alsdann seine rechtliche Natur? Die Frage ist
wichtig genug; denn sehr häufig bleibt es einfach dabei, dass die
Eisenbahn die erforderlichen Wege und Vorplätze herstellt. Sie
möchte ihrerseits sehr gern der Gemeinde dieses Gut anhängen,
das nichts einträgt und nur kostet. Die Gemeinde aber kann,
wie wir sehen, nur unter besonderen Voraussetzungen zur Ueber-
nahme gezwungen werden. Sie ist ganz zufrieden damit, wie die
Bahn in ihrem eigenen Interesse den Zufuhrweg besorgt, und
lässt ihn gern in diesem Verhältnisse. Der Zufuhrweg ist als-
dann ein Privatweg des Eisenbahnunternehmens, grundsätzlich
von der nämlichen Rechtsnatur, wie die auf dem Bahngebiete
selbst gelegenen!°. Gerade deshalb aber, weil er seiner that-
sächlichen Bestimmung und Benützung nach dem wirklichen
öffentlichen Weg so nahe steht, ist es besonders lehrreich, die
rechtlichen Verschiedenheiten, die ihn von diesem trennen, her-
vorzuheben !!,
Ein solcher Zufuhrweg ist keine öffentliche Sache, und die
Polizei der öffentlichen Sache gilt nicht für ihn. Schutz gegen
Beschädigung, Beeinträchtigung seines äusseren Bestandes, Miss-
10 Q0,-V.-G. 1. Oct. 1887 (Samml. Bd. XV S. 285): „ein Privatweg,
öffentlichen Interessen dienend, wie das ganze Eisenbahnunternehmen.“
„Werden solche Wege öffentliche, so... handelt es sich um eine voll-
ständige Aenderung ihrer rechtlichen Natur.“ Die Gleichstellung mit Bahn-
hofsgebäude und Perron wird besonders hervorgehoben im O.-L.-G. München
1. Juni 1886 (Eeer, Entsch. Bd. V S. 41). Ebenso O.-V.-G. 20. Febr. 1889
(Samml. Bd. XVII S. 312).
1! Die thatsächliche Aehnlichkeit der Zufuhrwege mit öffentlichen
Strassen kommt weder schön noch klar zum Ausdruck, wenn GLEM, Eisenb.-R.
8. 228 sagt, sie seien Privatwege, aber „öffentlich-rechtlichen Charakter haben
sie, insoweit wie die Bahnanlage selbst, deren rechtliche Natur sie theilen“.
Noch weniger schön O.-V.-G. 26. März 1887 (Eskr, Entsch. Bd. V S. 267):
„Wege, welche das Bahnhofsgebäude mit der nächsten öffentlichen
Strasse verbinden, entbehren zwar in gewissem Sinne des öffentlich-recht-
lichen Charakters nicht, haben aber die Vermuthung von Privatwegen
für sich“.