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An der Rechtsordnung des Planüberganges kommt also die
überwiegende Bedeutung der Eisenbahn gegenüber dem gemeinen
Wege zum Ausdruck. Allein ohne dass das äusserliche Bild sich
wesentlich unterscheidet, kann dieses Verhältniss auch in um-
gekehrtem Sinn gestaltet sein. Wir haben bisher vorausgesetzt,
dass es die eigentliche Verkehrslinie der Eisenbahn sei, mit
welcher der gemeine Weg kreuzt. Wenn ein Geleise von neben-
sächlicher Bedeutung in Frage ist, wird die Sache anders zu
beurtheilen sein. Wir sprechen nicht von einem Anschlussgeleise,
das etwa für eine Fabrik oder ein Bergwerk eingerichtet worden
ist, eben so wenig von dem gleichstehenden Fall, wo ein solches
Geleise dem Eisenbahnunternehmen selbst die Verbindung mit
seiner Kiesgrube, seiner vom geschlossenen Bahnhof getrennt
liegenden Maschinenwerkstätte oder Materialienlagerstelle vermit-
telt. Solche Geleise sind Privatwege (vgl. o. S. 83). Sofern
sie einen Öffentlichen Weg kreuzen, liegen die Schienen auf diesem
kraft besonderer Einräumung (Verleihung, Konzession). Der ge-
meine öffentliche Weg mit seinem Recht beherrscht das ganze
Verhältniss. Der Fall, den wir im Auge haben, ist der, wo das
Geleise immer noch dem öffentlichen Verkehr der Eisenbahn
dient, also selbst zum öffentlichen Weg gehört, nur dass es eben
wesentlich nur für die Vorbereitung, Entlastung, Erleichterung
jenes Verkehrs benützt wird, also von untergeordneter Bedeutung
ist. Man könnte etwa an ein Rangirgeleise denken, das ein Stück
weit aus dem Bahnhof heraustritt und dabei einen öffentlichen
Weg schneidet; aber das wird thatsächlich immer mit dem Haupt-
geleise zusammen geschehen, so dass beide eine Strecke weit neben
ihm daran, das Eigenthum an solchen Flächen zu erwerben. Andere Staats-
bahnverwaltungen verfahren meines Wissensebenso. Das ist guteOrdnung. Aber
ängstlich dürfte man in dieser Beziehung nicht sein; es ginge auch ohne das.
Mit der „Widerruflichkeit“ hat es gute Wege. Die einzige Gefahr, dass ein
Gericht nach Vorbild des Oberlandesgerichts Colmar ein rei vindicatio zu-
. liesse, wird mit zunehmender Kenntniss des Öffentlichen Rechts von selbst
verschwinden.