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meinwesen beruhe auf einem identischen rechtlichen Fundament
wie die in solchen Fällen gegen den schuldigen Beamten gegebene
Ersatzklage, deren civilrechtliche Natur niemals in Zweifel ge-
zogen worden sei. In den besonderen Gesetzen, die die staatliche
oder kommunale Ersatzverbindlichkeit für einzelne Gebiete amt-
licher Thätigkeit festsetzen und regeln, erblickt daher GIERKE
nur Anwendungsfälle eines allgemein gültigen Rechtsgrundsatzes,
während er den eine solche Ersatzverbindlichkeit ausschliessen-
den Sätzen des positiven Rechts einen singulären Oharakter zu-
schreibt.
Während GIERKE so in seiner aus dem Wesen der Ge-
nossenschaft folgenden Theorie die Haftung des Staates unter
das Privatrecht stellt, hält Otto MAYvEr°®? an der staatsrecht-
lichen Natur der Frage fest. Aber er verwirft die ganze ältere
Theorie, ohne jedoch, wie die Obigen, zur Leugnung der Haf-
tung zu kommen; er findet vielmehr, dass die für die Haftpflicht
eintretenden Schriftsteller und Gerichte das Richtige getroffen,
nur hätten sie, indem sie durch unmögliche Konstruktionen ihrer
Forderung ein juristisches Gewand zu geben und die Kluft zwischen
den Begriffen Staat und Rechtswidrigkeit zu überbrücken sich
bemühten, den wahren Grund für die Haftung nicht erkannt.
Orro MAYER findet den Grund der Staatshaftung in dem grossen
allgemeinen Rechtsprinzip zur Regulierung der wirtschaftlichen
Wirkungen der Staatsthätigkeit auf den Untertbanen, in dem
Rechtsinstitut der öffentlich-rechtlichen Entschädigung. Sie be-
ruht auf dem Gedanken, dass der Vermögensnachteil, der den
einzelnen durch ein ihm durch die öffentliche Gewalt auferlegtes
besonderes Opfer trifft, wegen der darin liegenden Ungerechtig-
keit ausgeglichen werden soll. Der Grundgedanke ist also Er-
satz, Ausgleich weil Ungleichheit. Die Entschädigung leitet sich
also nicht ab aus Sätzen über civilrechtliche Haftung für rechts-
88 Deutsches Verwaltungsrecht Bd. II $$ 53 u. 54.