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errichtet werden müssen, insbesondere hätte ein dem Bundes-
kanzler unterstehendes Kriegsamt geschaffen, der Grosse General-
stab und die vom Bundesfeldherrn zu besetzenden Kommando-
stellen in Bundeseinrichtungen umgestaltet werden müssen. Diese
Wirkung der neuen Verfassungsbestimmungen sind keineswegs
vollständig unbeachtet geblieben. Ein Amendement DUüNnckKER
zu Art. 64 E. (Art. 68 R.-V.) wollte einen Bundeskriegs- und
Bundesmarineminister einführen. Der Gedanke wurde zwar mit
Recht deswegen abgelehnt, weil die geplante Verantwortlichkeit
dieser Minister gegenüber dem Reichstag der Stellung des Reichs-
kanzlers widersprach; aber die Bundeszuständigkeit kam darin
richtigerweise zum Ausdruck. Vielleicht wäre es sogar am besten
gewesen, den Abs. 2 dieses Amendements allein zum Gesetz zu
machen: „Bis zur definitiven Organisation des Bundeskriegs- und
Marinewesens wird die Verwaltung desselben durch den Kgl.
Preussischen Kriegs- und Marineminister geführt.“ Wie dem
auch sei, jedenfalls wurden im Heerwesen keine besonderen
Bundesorgane geschaffen. Vielleicht glaubte man bis zum Beitritt
der Südstaaten damit warten zu sollen. Wir können gewiss den
Schöpfern der Verfassung im Jahre 1867 aus dieser Unter-
lassung keinen Vorwurf machen, sondern nur unsere dankbare
Bewunderung aussprechen, mit welcher Sicherheit und Mässigung
der Notbau errichtet wurde, der den Stürmen der kommenden
Zeit so glorreich Stand hielt. Dies darf aber nicht davon ab-
halten, den Mangel im System zu erkennen und heute die Hei-
lung zu versuchen.
3. Weit schwieriger sind die Einzelheiten der Rechts-
entwickelung in den Jahren 1867—1871 klarzulegen. Noch
fehlen uns die urkundlichen Quellen über die geheimen Vorgänge
in jener unvergleichlichen Epoche, noch enthalten die Archive
ihre Schätze aus den Versailler Tagen der Oeffentlichkeit vor.
So sind wir darauf angewiesen, aus den Gesetzen und Verträgen
selbst und aus einzelnen Mitteilungen der Baumeister der