— 289 —
a) In der Denkschrift der Grossherzoglichen Regierung an
den Kanzler des Norddeutschen Bundes vom 2. Sept. 1870, welche
überhaupt die Einleitung der zur Reichsgründung führenden Ver-
handlungen bildet, wird zum ersten Male offiziell der Eintritt der
Südstaaten in den Norddeutschen Bund und die Wiederherstellung
der Kaiserwürde zur Sprache gebracht. Dann heisst es: „Im
übrigen ist die Grossh. Regierung bereit, in den Norddeutschen
Bund mit seiner dermaligen Verfassung einzutreten, hält aber in
den spezifisch politischen Beziehungen (in den diplomatischen und
militärischen Angelegenheiten) eine Stärkung der Bundescentral-
gewalt beistrenger Festhaltung der Selbständigkeit der Einzelstaaten
in ihren inneren Angelegenheiten für thunlich und wünschens-
wert“ 1! Baden verlangte also eine noch stärkere Stellung des
Reiches in militärischen Dingen, als sie dem Bundesfeldherrn
und der Bundesgesetzgebung nach der Verfassung des Nord-
deutschen Bundes zur Zeit der Belagerung von Paris bereits zu-
kam. Dies war auf badischer Seite der leitende Gedanke
beim Abschluss der Militärkonvention vom 25. Nov. 1870.
Welches war nun damals die Stellung des anderen Kontrahenten,
des Norddeutschen Bundes? Graf Bismarck hatte sich schon
1867 keiner Täuschung über die Rechtslage, besonders die
Kriegsherrlichkeit des Bundesfeldherrn im Umfange des XI. Ab-
schnitts der Verfassung hingegeben!?; als massvoller Staatsmann
hatte er sich aber mit dem zur Zeit bei den besonderen Stim-
mungen in Preussen Erreichbaren begnügt und nicht zur konse-
quenten Durchführung der rechtlich vorhandenen Heereseinheit
gedrängt. Jetzt, im Spätherbst 1870, stand er auf dem Stand-
punkt der badischen Regierung, dass das Reich in den „spezifisch
politischen Beziehungen“ gestärkt werden müsse. Hierbei war es
1! GEoR@ Meyer, Die Reichsgründung und das Grossheraogtum Baden
S. 53ff.; Staatsminister JoLLy, Prot. der I. Kammer des Badischen Landtags
1870 8. 15ff.
2? Häner S. 21 Anm. 1.
Archiv für öffentliches Recht. XVT. 2. 19