Full text: Archiv für öffentliches Recht.Sechzehnter Band. (16)

— 298 — 
damals in Frage. Noch wusste man nicht einmal, ob Bayern 
jetzt überhaupt unter annehmbaren Bedingungen in den Bund 
eintreten würde; es erforderte noch grosse Nachgiebigkeit der ver- 
handelnden Regierungen und heftige Kämpfe in den Volksvertre- 
tungen, bis Bayern sich dem Reiche anschloss und dazu noch 
unter Vorbehalt von Sonderrechten, welche ernsten Patrioten da- 
mals bedenklich erschienen. Gerade in jenen Tagen ereignete 
sich der seltsame Rückschlag in den fast zum glücklichen Ende 
geführten Verhandlungen mit Württemberg?”. Noch war die 
Kaiserfrage unentschieden. Wohl aber wirkte BismArcK bei dem 
ausschlaggebenden Schritte gerade mit der Argumentation, dass 
die deutschen Souveräne sich nicht dem König von Preussen, 
also dem gleichberechtigten Monarchen des verbündeten Staates, 
sondern allein dem Deutschen Kaiser, dem Landsmann, dem Ver- 
treter der Reichsgewalt, unterstellen könnten?®. In diesem kri- 
tischen Zeitpunkte ging Baden wieder voran. Um auf die Fas- 
sung der ausstehenden Bündnisverträge und die mögliche, aber 
sehr ungewisse Umwandelung der mittelstaatlichen Kontingente 
in das kaiserliche Heer günstig einzuwirken, that Baden einen 
noch weitergehenden Schritt: es trat seine Militärhoheitsrechte 
für den Fall, dass das Reichsheer nicht zu stande kommen sollte, 
an Preussen ab. Dies ist der Sinn des Wortes „beziehungs- 
weise“; es heisst nicht mehr als: „eventuell“. Die Absicht ist 
klar: Die Gefahr einer Verstärkung des preussisch-partikularisti- 
schen Gewichts musste ein Anreiz für die Mittelstaaten sein, 
durch Ermöglichung des kaiserlichen Heeres und damit durch 
Erhaltung der relativen Selbständigkeit Badens innerhalb desselben 
den Einfluss Süddeutschlands in Heeresfragen zu vermehren. 
Der Schritt unterstützte die Bestrebungen, die preussische Armee 
in ein kaiserlich deutsches Heer umzuwandeln, an deren Erfolg 
—— 
27 MAURENBRECHER, Die Gründung des Deutschen Reichs S. 252, 
2% BIsMARCK, Erinnerungen II S. 118.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.