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Begründung dieser Abweichung von der Regel, dass die Antrag-
stellung bei Lebzeiten des Berechtigten ein formelles Erforder-
nis sei, auf die praktisch bedenklichen Folgen hingewiesen, welche
ein strenges Festhalten an jenem Grundsatze zu Ungunsten der
Armenorgane haben würde: der unterstützte Rentenberechtigte
würde es in der Hand haben, durch Unterlassung der Stellung
des Rentenantrages die den Armenverbänden zur Erleichterung
der Armenlasten gegebenen Ersatzansprüche zu vereiteln.
Während die Vorschriften des Invalidenversicherungsgesetzes
betrefis des Ersatzverfahrens im allgemeinen sinngemäss auf das
Gebiet der Unfallversicherung übernommen sind ($& 26 Gew.-
Unf.-Vers.-G.), lag zu der Nachbildung der letztgedachten Be-
stimmung im Unfallrechte keine Veranlassung vor, weil bekannt-
lich die Unfallrenten ohne Antrag von Amtswegen für die
Berechtigten oder deren Rechtsnachfolger festzustellen
sind. Es erschien entbehrlich, den in die Stelle des Renten-
berechtigten eintretenden Armenverbänden ausdrücklich das Recht
der Geltendmachung trotz des Ablebens ihres Rechtsvorgängers
zu sichern (Begründung zum Gew.-Unf.-Vers.-G. 8. 67 bei 8 8).
Von besonderer Bedeutung ist angesichts des oben (S. 332)
über die frühere Praxis des Reichsversicherungsamts Gesagten
die Neuregelung des Verfahrens bei Streitigkeiten zwischen den
Beteiligten über den Anspruch auf Ueberweisung von Entschädi-
gungsbeträgen. Während es nach altem und neuem Rechte un-
zweifelhaft geblieben ist, dass die Armenverbände ihren Streit
mit der Landesversicherungsanstalt oder Berufsgenossenschaft im
gewöhnlichen Rentenverfahren, nötigenfalls also vor dem Schieds-
gerichte und dem Reichsversicherungsamte als Prozessparteien
(auch als Nebenintervenienten) auszufechten haben??, weist die
neue Vorschrift ($ 50 Abs. 3 Inv.-Vers.-G.; $ 26 Abs. 2 Gew.-
Unf.-Vers.-G.): die Streitigkeiten zwischen dem ursprünglich
22 Amtl. Nachrichten 1888 S. 196 No. 499; 1890 S. 505 No. 878.