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Richtung erkundigt hat. Seitdem ist mehrfach in den Jahres-
versammlungen des Vereins die Frage erörtert, und man ist zu
dem Ergebnisse gelangt, dass die Armenpflege durch die Ar-
beiterversicherung in bedeutendem Umfange eine Entlastung er-
fahren habe, dass aber der durch das Eintreten der Versicherungs-
organe erzielte Gewinn ungefähr aufgewogen werde durch Mehr-
aufwendungen der Armenkassen, die ihre Erklärung in den ge-
steigerten Lebensansprüchen der unbemittelten Bevölkerung finden
und eng mit der intensiveren Pflege der Versicherten durch die
Krankenkassen, Versicherungsanstalten und Berufsgenossenschaf-
ten stehen.
Eine im Erfolge ähnliche Ausbeute?® hat die Umfrage ge-
liefert, welche der Reichskanzler durch Rundschreiben vom
29. April 1894 an die verbündeten Regierungen gerichtet hat;
und in welcher über die Leistungen der öffentlichen Armenpflege
von 1884—1893 Auskunft gewünscht wurde; gleichzeitig war
Antwort darüber erbeten, ob die Armenpflege durch die Ar-
beiterversicherung entlastet sei, ob sich die Zahl der Unter-
stützten und die Summe des Armenaufwands nicht gemindert
habe, welches der Grund für diese Erscheinung sei, endlich ob
die Armenpflege oft ergänzend neben den Trägern der Versiche-
rung oder vorläufig an ihrer Stelle habe eingreifen müssen.
Das Stimmungsbild, das auf diese Weise gewonnen ist,
macht allerdings auf Vollständigkeit keinen Anspruch, weil die
Handhabung und Berechnung der Armenunterstützung in den
gehörten Bezirken, deren Zahl etwa 1500 beträgt, eine gar zu
verschiedene ist. Es kann aber selbst von den Gegnern unserer
Arbeiterversicherung nicht geleugnet werden, dass der bei weitem
grösste Teil der befragten Armenverwaltungen die entlastenden
Wirkungen der neuen Gesetze anerkennt. Besonders wird be-
tont, dass der Zweck, dem Eingreifen der Öffentlichen Armen-
26 Vierteljahrshefte zur Statistik des Deutschen Reichs,
Jahrgang 1897 Heft II S. 1—54; vgl. unten $. 853 bei Anm. 44.
Archiv für Öffentliches Recht. XVI. 2. 92