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schädigungsberechtigte sei häufig im Zweifel darüber, bei welcher
Berufsgenossenschaft sein Anspruch anzumelden sei, sowohl
wenn es sich um einen nicht in den Listen (Katastern) einer Ge-
nossenschaft geführten Betrieb handle, als auch, wenn bei dem
Ineinandergreifen der verschiedenen Betriebszweige eine Trennung
zwischen dem Gebiete der einen und der anderen Genossenschaft
auf Schwierigkeiten stosse. Thatsächlich ist es z. B. wegen dieses
Streits über die zuständige Entschädigungsstelle vorgekommen,
dass die Witwe eines im Mai 1899 tödlich verunglückten
Schneiders noch im November 1900 ohne Rente war, weil die
Bekleidungsindustrie- und die sSpeditions-, Speicherei- und
Kellereiberufsgenossenschaft nicht zu einer Verständigung wenig-
stens über vorläufige Fürsorge gelangten. Erst das Reichs-
versicherungsamt half, indem es bestimmte, dass der fragliche
Betrieb (ein grosses Warenhaus mit Herren- und Damenkonfek-
tion) hinsichtlich der Thätigkeit des Verunglückten der Be-
kleidungsindustrie angehöre.
Es war dringend notwendig, an Stelle dieses schwerfälligen
Systems ein Verfahren zu setzen, das den Beteiligten so rasch
als möglich die ihnen gebührende Entschädigung verschafit®®,
Deshalb soll fortan der Anspruch in zweifelhaften Fällen bei der-
jenigen Berufsgenossenschaft geltend gemacht werden, welcher
nach der Meinung des Rentenbewerbers die Zahlungspflicht ob-
liegt. Die angerufene Stelle hat alsdann nur in dem Falle
einen ablehnenden Bescheid zu erlassen, wenn sie glaubt, dass
überhaupt keine Rente zu ‚gewähren sei. Ist sie aber der
Ansicht, dass eine Entschädigung an den Bewerber zwar ge-
leistet werden muss, dass aber nicht sie, sondern eine andere
Berufsgenossenschaft dafür einzutreten habe, so soll sie nicht
eine Abweisung vornehmen, sondern dem Berechtigten eine vor-
8 Selbst für die Fälle einer rechtskräftigen, aber vom Reichs-
versicherungsamte für unzutreffend gehaltenen Abweisung aus Zuständigkeits-
gründen ist jetzt in $ 82 Abhülfe geschaffen.