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über den Protest der Lippe-Schaumburg’schen Regierung gegen
einseitigen Erlass eines die erbgräfliche Linie Biesterfeld be-
günstigenden Thronfolgegesetzes in Lippe nach Reichsverfassung
Art. 76 zu entscheiden (vgl. dazu auch seinen Aufsatz in der
deutschen Juristenzeitung 1898 S. 481). Die wissenschaftliche
Hilfe in der ersten Frage war — auf besondere Veranlassung
des Ministers Grafen VON ÜRAILSHEIM — unter dem 24. Dez. 1898
durch Verleihung des eben nicht häufigen Titels eines „Königlichen
(Geheimen Rates“, die Mitwirkung in der lippischen Angelegenheit
5. Jan. 1901 durch Verleihung des Ehrenkreuzes zweiter Klasse
des fürstlich lippischen Hausordens mit Eichenlaub auch nach
aussen hin anerkannt. Die hohe Wertschätzung, welche SEYDEL
im Auslande genoss, fand ihren äusseren Ausdruck in Ernennung
zum Ehrendoktor der juristischen Fakultät der Universität Üzerno-
witz gelegentlich der Feier des fünfundzwanzigjährigen Bestehens
dieser Hochschule im Dezember 1900.
Die schwerste Entsagung musste SEYDEL vom Frühjahr 1899
an üben. Von da ab war ihm ärztlich jede wissenschaftliche
Arbeit untersagt. Dazu kam eine Abnahme der manuellen Schreib-
fertigkeit. Das Schreiben verursachte ihm mehr und mehr Mühe
und ermüdete ihn rasch. Das war eine harte Prüfung, das schwerste
Opfer, das dem an rastlose Thätigkeit gewöhnten Manne auferlegt
werden konnte. Doch er ertrug es. Noch besass er drei kost-
bare Güter: obschon nicht durch Kinder erhöht, ein reiches
Eheglück, — seine Gattin war ihm die aufopferndste Pflegerin
in der Zeit seines körperlichen Leidens —, ungeminderte geistige
Gesundheit und unversiegbaren Humor. Dieser treue Freund
hatte ihn von Jugend auf begleitet und ihm manche schwere
Stunde erleichtert, die ihm sein Gehörfehler bereitete. Er verliess
ihn auch jetzt nicht. Immer heiter und liebenswürdig, vermochte er
selbst über alle seine Leiden mit Humor zu schreiben. „Ich bemühe
mich, im Stoicismus die Note I zu erwerben“ ist das Prädikat,
das er dem Stillehalten bei der überaus schmerzhaften Nach-