Full text: Archiv für öffentliches Recht.Sechzehnter Band. (16)

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Woraus erklärt sich diese trübe Art? Sehr leicht. Manch- 
mal übermannte SEYDEL eben doch das Gefühl der Vereinsamung, 
wozu ihn, so lange er nicht verehelicht, bis zu einem gewissen 
Grade sein Ohrenübel von Jugend auf verurteilte. Da brach dann 
so schwermütiges Sinnen hervor und — wie er uns selbst erzählt 
—, so lange er für sich lebte, da waren es nicht Stunden heiterer, 
sondern ernster Stimmung, die ihn zur Leier greifen liessen. 
„Nicht aus dem Sonnenschein des Glücks — Als mir das Teuerste 
verloren, Da ward aus Thränen, Schmerz und Weh Mein erstes 
Weihelied geboren“ (Bd. II S. 180). Aber die Grundstimmung 
seines Wesens war das nicht. Ein Kopfhänger zu sein, das 
entsprach nicht seiner Natur. Und mit der Gründung des ehe- 
lichen Heims hörte das Gefühl der Vereinsamung und damit das 
Schwermütige in seinen Liedern auf. Welch’ ganz andere Schätzung 
seines Lebens in den Liedern an Hanna, als in jenem oben 
angeführten schweren Sang. „Segen“ betitelt er jetzt das Lied, 
das den Inhalt seines Lebens schildert. 
„Spät hast du, Liebe, mir die Stirn bekränzt, 
Mein Frühjahr schwand, es hat mir nicht gelenzt. 
Doch war mein Glück gestundet, nicht geraubt; 
Mich hat der Sommer schöner nur umlaubt. 
Mit solchem Kranze hat er mich gekrönt, 
Wie selten er ein Dichterhaupt verschönt. 
Nun hab’ ich aller Seligkeit genug; 
Es schweigt die Frage, die ich sonst wohl frug. 
Nicht kümmert mich, was künftig meiner harrt, 
In dieser herrlich lichten Gegenwert. 
Mein ist das Leben, und ich bin getrost, 
Dass, sterblich, ich ein göttlich’ Loos erlost. 
Ob man mir einst den müden Leib begräbt, 
Schon heute fühl’ ich’s froh: ich hab’ gelebt.“ 
Aber SEYDEL ist nicht bloss eine anziehende, er ist auch 
eine begeisternde Persönlichkeit. Nicht in seinen Gedichten. 
Wie nach der Form, so stehen auch nach ihrem Inhalt seine 
dichte der Poesie PLATEN’s am nächsten. Dieser fehlt, was
	        
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