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Grundrechte, soweit sie überhaupt noch in Kraft sind, nicht
subjektive Rechte der Staatsangehörigen bilden, sondern objek-
tive Rechtsschranken für die Verwaltung in der Form des Ver-
fassungsrechtes.
Eines der fragwürdigsten unter den Grundrechten ist nun
aber das Petitionsrecht, das neuerdings wieder politisch eine
Rolle zu spielen anfängt. Die wissenschaftliche Vernachlässigung
teilt es mit den Grundrechten überhaupt. Die staatsrechtlichen
Kompendien thun es meist, soweit sie es überhaupt erwähnen,
mit einigen Worten ab, aber nur deshalb, weil in den Ver-
fassungsurkunden etwas davon steht. Die einzige grössere Bear-
beitung von ROBERT v. MoHL! ist über 40 Jahre alt. Gleich-
wohl hat die politische Bedeutung des Petitionsrechtes eine Reihe
von Streitfragen zu Tage gefördert, die, wie kühl man ihm auch
vom staatsrechtlichen Standpunkte gegenüberstehen mag, eine
nähere Erörterung gerade dieses Grundrechtes wünschenswert
erscheinen lassen.
Das Petitionsrecht bedeutet in schlichtes Deutsch übersetzt
nichts anderes als das Recht zu bitten. Es ist nicht überflüssig,
diesen einfachen Wortsinn festzustellen,
Die Bitte ist auf keine bestimmten Gegenstände beschränkt.
Um was kann man nicht alles bitten? Vernünftige und unver-
nünftige, erreichbare und unerreichbare menschliche Wünsche
können gleicherweise in Bitten ihren Ausdruck finden. Es ist
daher nicht zutreffend, die Bitte, wie es von ROBERT v. MoHL
geschieht, der Beschwerde entgegenzusetzen und letztere als Klage
über eine Rechtsverletzung zu bezeichnen. Die neuere preussische
Verwaltungsgesetzgebung stellt unter dem Einflusse der Lehre
von L. v. Stein die Beschwerde gerade der Verwaltungsklage,
welche blosse Rechtsbeschwerde ist, gegenüber. Schon die formelle
Verwaltungsbeschwerde braucht sich nicht auf eine Rechtsver-
ı Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft Bd. IV S. 137 ff.;
Staatsrecht, Völkerrecht und Politik Bd. I 8. 222 ff.