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Das Petitionsrecht scheidet damit aus dem KRechtsleben
überhaupt aus, es ist die angeborene menschliche Fähigkeit, Mit-
menschen um etwas bitten zu können, und steht mit dem Rechte
zu schlafen, mit dem sich noch keine juristische Monographie’
beschäftigt hat, genau auf derselben Stufe. Für die Rechts-
ordnung kommen solche angeborenen menschlichen Fähigkeiten
nur insoweit in Betracht, als sie ihrer Bethätigung Schranken
zieht. Bitten und Schlafen sind für das Recht gleichgiltig,
Bettein und das Schlafen des Soldaten auf Posten werden als
verbotene Handlungen von rechtlicher Bedeutung.
So tritt denn auch das Petitionsrecht nur durch die ihm
gezogenen oder gezogen gewesenen Rechtsschranken in das Rechts-
leben ein.
In England, dem Mutterlande des konstitutionellen Staats-
rechtes, kennt man denn weder Grundrechte überhaupt noch ein
besonderes Petitionsrecht. Bitten an den König wie an seinen
grossen Rat, das Parlament, waren von jeher erlaubt. Unter
den Stuarts (13 Car. IL, 1 ch. 5) wurden zeitweise gewisse
Massenpetitionen untersagt. Diese Verbote sind aber jetzt ver-
altet. Es bestehen nur noch Regeln für den Geschäftsgang bei
Einreichung und Behandlung der Petitionen im Parlamente.
Erst die Verfassung der amerikanischen Union wie vieler
Einzelstaaten enthält die Bestimmung, dass kein Gesetz erlassen
werden darf, welches das Recht des Volkes, sich friedlich zu
versammeln und an die Regierung Petitionen zu richten, be-
schränkte. Gerade die verfassungsmässige Unzulässigkeit der
Beschränkung dieser Freiheit bot der Abolitionistenpartei die
Möglichkeit, die Petitionen als politisches Kampfmittel gegen die
Sklaverei zu benutzen?.
In Frankreich waren mit dem Zusammenbruche des alten
® Vgl. v. Horst, Staatsrecht der Vereinigten Staaten bei Marquerdsen
S. 124.