— 413 —
den verfassungsmässig zulässigen Petitionen irgend welche Folge
zu geben. Die Beschränkungen des Art. 32 sind daher be-
deutungslos.
Die staatsrechtliche Inhaltslosigkeit des Petitionsrechtes lässt
es erklärlich erscheinen, dass man ohne jede Grundlage in der
Reichsverfassung auch Petitionen an den Reichstag stets für zu-
lässig erachtet hat. Es bestehen eben keinerlei rechtliche
Schranken von Reichs wegen, und das Landesrecht darf keine
ziehen,
(terade weil das Petitionsrecht des Rechtscharakters entbehrt
und nur eine Aeusserung persönlicher Willensfreiheit ist, unter-
liegt es aber allen denjenigen Schranken, die jener gezogen sind.
Das sind keine besonderen Beschränkungen des Petitionsrechtes,
die Verfassungsurkunden erwähnen deshalb auch nichts davon,
aber eine Einwirkung auf das Petitionsrecht findet statt.
Dass zunächst Petitionen wegen Verletzung individueller
Interessen da unzulässig sind, wo zu ihrer Verfolgung ein förm-
licher Rechtsweg eröffnet ist, ergiebt sich schon aus der ver-
fassungsmässig gewährleisteten Unabhängigkeit der Rechtspflege.
Aber auch abgesehen davon wird sich wenigstens die Volks-
vertretung mit Beschwerden einzelner so lange nicht beschäftigen
können, als nicht der Instanzenzug der Behörden erschöpft ist,
und noch die Möglichkeit vorliegt, dass durch die Verwaltung
selbst Abhilfe geschaffen wird. Die beiden Häuser des preussischen
Landtages haben daher stets den Grundsatz verfolgt, sich mit
Beschwerden nicht zu befassen, bezüglich deren der Instanzenzug
noch nicht erschöpft ist®. Es bleibt freilich jedem unbenommen,
im Widerspruche mit diesem Grundsatze Petitionen einzureichen,
aber es hat dann eben weiter keinen Zweck.
Aber auch inhaltlich ist das Petitionsrecht an die Schranken
* Vgl. BoRNHAK, Preussisches Staatsrecht Bd. I 8. 429.
5 Vgl. v. Rönne, Preussisches Staatsrecht (3. Aufl.) Bd, 1b S. 196.