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der freien Meinungsäusserung überhaupt gebunden. Ist es im
allgemeinen Zweck der Grundrechte, die individuelle Freiheit
gegen Willkür der Verwaltung zu schützcn, so hat die allgemeine
Rechtsordnung vor den (Grundrechten nicht zurückzuweichen,
sondern bildet ihre notwendige Ergänzung.
Die Rechtsschranken der in der Petitionsfreiheit enthaltenen
Freiheit der Meinungsäusserung sind zunächst strafrechtlicher
Natur. Dass strafbare Handlungen, welche in Bethätigung der
freien Meinungsäusserung begangen werden, der strafgerichtlichen
Verfolgung unterliegen, spricht für Preussen Art. 28 Verf.-U. aus-
drücklich aus, ergiebt sich übrigens jetzt auch aus dem reichs-
rechtlichen Charakter der Strafgesetze, wodurch etwa wider-
sprechendes Landesrecht aufgehoben ist. Man kann nicht ein-
mal behaupten, das Petitionsrecht bedeute, dass der es Ausübende
sich auf 8 193 Str.-G.-B. (Wahrnehmung berechtigter Interessen)
berufen dürfe®. Die Auslegung der reichsrechtlichen Norm des
& 193 Str.-G.-B. ist allein von der richterlichen Entscheidung ab-
hängig und kann nicht durch ergänzendes Landesrecht erfolgen.
Da übrigens der Gegenstand der Petitionen nicht beschränkt ist,
können in ihnen auch sehr unberechtigte Interessen vertreten
werden. Ebenso wenig wie die Bethätigung der freien Meinungs-
äusserung überhaupt, die gleichfalls verfassungsmässig gewähr-
leistet ist, stempelt die Ausübung des Petitionsrechtes jede Aeusse-
rung zu einer Wahrnehmung berechtigter Interessen. Hierüber
kann immer nur das richterliche Ermessen im einzelnen Falle
entscheiden.
Besonderen Beschränkungen unterliegt ferner die Freiheit
der Meinungsäusserung und damit auch das Petitionsrecht für die
Beamten.
Unverwehrt bleibt es allerdings auch dem Beamten, Be-
° So Arnpt, Die Verfassungs-Urkunde für den preussischen Staat zu
Ar t, 32.