Full text: Archiv für öffentliches Recht.Sechzehnter Band. (16)

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In den parlamentarischen Staaten ist die Selbständigkeit der 
Regierung beseitigt. Die Regierung ist nur ein Verwaltungs- 
ausschuss der jeweiligen Parlamentsmehrheit, in ihrer Stellung 
abhängig von deren fortdauerndem Vertrauen. Die Souveränetät 
der öffentlichen Meinung wird zur Rechtsinstitution in der Omni- 
potenz des Parlaments. Die Petition bei der Volksvertretung 
wird hier zur Bitte bei der der Regierung vorgesetzten Instanz. 
Wenn die Volksvertretung sich der Petition annimmt, so ist da- 
mit auch ihr Erfolg gesichert. Denn wenn auch nicht formell, 
so doch materiell ruht die höchste Staatsgewalt bei der Volks- 
vertretung, sie regiert durch das parlamentarische Ministerium. 
Wünschen der jeweiligen Mehrheit kann sich daher das Ministe- 
rium nicht versagen, ohne seine eigene Stellung zu gefährden. 
Anders in den Staaten mit selbständiger Regierung. Aller- 
dings muss auch sie mit der öffentlichen Meinung rechnen, aber 
diese auch mit der starken Regierungsgewalt. Es ist ein wechsel- 
seitiger Modus vivendi, nicht die absolute Unterwerfung der Re- 
gierung unter die Souveränetät der Öffentlichen Meinung. Unter 
diesen Umständen ist der Petition, auch wenn sie von der Volks- 
vertretung befürwortet wird, ein Erfolg noch keineswegs gesichert. 
Es kommt immer im einzelnen Falle darauf an, welches Schick- 
sal die Regierung der Petition zu teil werden lassen will, nach- 
dem sie die gewichtige Befürwortung der Volksvertretung er- 
halten hat. 
Nach dem älteren deutschen Verfassungsrechte aus den 
ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts wurde schliesslich viel- 
fach der Volksvertretung selbst ein Petitionsrecht gegenüber dem 
Könige und seiner Regierung beigelegt. Es war das besonders 
deshalb von Bedeutung, weil einige ältere Verfassungsurkunden 
in missverständlicher Auffassung des monarchischen Gesetz- 
gebungsrechtes der Volksvertretung das Recht der gesetzgeberi- 
schen Initiative absprachen. Es blieb also, wenn die Kammern 
eine Gtesetzesvorlage wünschten, ihnen kein anderes Mittel, als 
Archiv für öffentliches Recht. XVI. 8. 28
	        
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