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Wissenschaft vertretenen öffentlich-rechtlichen Charakters ein-
bezog. So ist gerade jetzt die Theorie auf die Fühlung mit
dem Leben verwiesen und wird ihren Einfluss auf den Parla-
mentarismus erst dann wiedergewinnen, wenn mit der Beschrän-
kung auf den positiven Inhalt des Rechtes enge, andauernde Be-
ziehungen gepflegt werden ®°.
Die Art des Inhaltes unserer Materie zeigt nun auch in
anderer Hinsicht die von theoretischen Schranken losgelöste
freie Auffassung des Gesetzgebers. Die in der Vormundschaft
angeführten Voraussetzungen staatlicher Schutzpflicht betreffen
nicht in erster Linie die Regelung des privatrechtlichen Verkehrs
des Pflegebefohlenen, sondern teilen den juristischen Charakter
eines Ausführungsrechtes insoweit, als sie den Umfang staatlicher
Verwaltungsthätigkeit, die Abgrenzung der obervormundschaft-
lichen Verrichtungen, die Verteilung der Arbeit unter die ein-
zelnen Organe der staatlichen Fürsorge in ihrem internen Ver-
hältnisse zu dem Pflegebefohlenen normieren und sich so in die
denkbar engsten Beziehungen zu den Zuständigkeitsnormen des
eigenen Ausführungsrechtes der weiteren reichs- und landesrecht-
lichen Materien setzen. Das B. G.-B. enthält aber auch reine
Verfahrensvorschriften, so u. a. über die Anhörung von Aus-
kunftspersonen nach 88 1673 ?, 1847; ferner nach $8 1791, 1878
Abs. 2, wie andererseits das Ausführungsrecht des Ges. vom
17. Mai 1898 materielles Recht von der grössten Bedeutung u.a.
in & 32 c. l. umfasst. Abgesehen von diesem formellrechtlichen
Gesichtspunkte, zeigt die zum Gesetz erhobene Art der Erfassung
staatlichen Rechtsschutzes in einleuchtender Weise, wie weit der
Gesetzgeber entfernt war, die zur Zeit vorherrschende Auf-
43 Vgl. Scuwerine, Das römische Recht, das deutsche Recht und das
Bürgerliche Gesetzbuch, bei Bachem, Köln 1900, S. 179: „Dass der Hasen-
paragraph in den Verhandlungen des Reichstags einen breiteren Raum
einnehmen konnte als die Stellung der Wissenschaft zur Kodifikation, ist in
dieser Hinsicht ein lehrreiches Zeichen der Zeit,“