Full text: Archiv für öffentliches Recht.Sechzehnter Band. (16)

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fassung des modernen Staates privatrechtlichen Gesichtspunkten 
unterzuordnen, wie er vielmehr jeden Versuch aufgegeben hat, 
eins den Anforderungen der Gegenwart entsprechende Vormund- 
schaftsordnung in ihren Grundzügen dem Pandektensystem des 
Privatrechtes, insbesondere dem Obligationenrecht als „dem Nerven- 
system des Privatrechtes* anzupassen. So herrscht auch heute 
die Centralisation der Staatsgewalt in einem Gebiete, in dem 
naturgemäss der Familie das Vorrecht gebührt. Diese Aus- 
merzung der familienrechtlichen Elemente kennzeichnet sich in 
der Anlehnung an das preuss. Landrecht, in der Beseitigung des 
nach $ 71 der preuss. V.-O. obligatorischen Familienrates, 
in der Entfernung der gesetzlichen Vormundschaft der Eltern 
und des Vaters der unehelichen Mutter und nicht zum ge- 
ringsten Teil in einer auffallenden Abschwächung des Eiltern- 
rechtes insbesondere im Gebiete der väterlichen Gewalt, zu deren 
Erschütterung im Wege einer kaum angemessenen, namentlich 
im Entwurf I $ 1503 zum Ausdruck gebrachten staatlichen 
Aufsicht selbst die Gutachten aus dem Anwaltsstande (Heft 6 
S. 419, 421, 428—29, 444 FuULpD) im Sinne einer weiteren Zu- 
rücksetzung der väterlichen Rechte aufgefordert hatten. Ist hier- 
nach die Vormundschaft ein Gebilde der Staatshoheit, so wird 
die Sicherheit dieses privilegiert staatlichen Schöpfungsaktes auch 
in einer selbst dem öffentlichen A. L.-R. unbekannten und mit 
den Anforderungen der Gegenwart übereinstimmenden Weise 
geschützt. Die grosse Erweiterung der Fälle der Genehmigungs- 
pflicht des Gegen- und Obervormundes, die scharfe Steigerung 
der staatlichen Aufsicht, die dementspreehende Erhöhung der 
Verantwortung der vormundschaftlichen Organe und der aus- 
gedehnte Zwang’ in der ganzen neurechtlichen öffentlichen Ver- 
waltung haben nicht nur in Süddeutschland, sondern auch im 
Gebiete der preuss. Vormundschaftsordnung von 1875 tief ein- 
schneidende Neuerungen gebracht, so dass der stimmungsvolle Aus- 
ruf eines preussischen Praktikers in der Deutschen Juristenzeitung
	        
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