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b) Bei schwebender Ehescheidung macht sich die nach
A. L.-R. allerdings nicht gerechtfertigte Tendenz geltend, nur
den Ehescheidungsrichter im Wege der einstweiligen Verfügung
zur Regelung der Erziehungsfragen für zuständig zu halten.
c) Die Beschlüsse des Vormundschaftsgerichts sind keine voll-
streckbaren Titel nach der C.-P.-O., sondern nur die Grundlage
einer etwaigen Klage. Die Reihe der Entscheidungen, welche
dem Vormundschaftsrichter das Recht zusprechen, die Entschei-
dungen des Prozessrichters nicht für bindend zu erachten und
abändernde Anordnungen im Interesse des Kindes zu treffen,
werden durch Erkenntnisse des Reichsgerichts °® aus neuerer Zeit
geschlossen. Das rechtskräftige Urteil macht nur Recht inner-
halb der Parteien, also der Eltern untereinander, die Wahrung
des Kindesinteresses ist öffentliches Recht, das selbst durch Ent-
scheidungen des Prozessrichters nicht berührt wird. Umgekehrt
kann eine spätere Entscheidung. des Prozessgerichts die frühere
vormundschaftliche Anordnung nicht beseitigen. Ebensowenig ist
die Anfechtung des vormundschaftsgerichtlichen Beschlusses im
Prozesswege zu dem Zweck zulässig, ihm die fernere Wirkung
zu entziehen. Der ordentliche Beschwerdeweg ist allein gegeben.
d) Bei den sog. Konsensstreiten giebt es Fälle reiner vor-
mundschaftlicher Interessenthätigkeit und reiner richterlicher Ent-
scheidung. Zu ersteren gehören u. a. die Erlaubnis zur Ver-
heiratung des Mündels, die Genehmigung zu gewissen Aende-
rungen der Substanz des Kindesvermögens durch den Vater bei
dessen Wiederverheiratung. Zu letzterer ist zu rechnen die ver-
weigerte an sich gesetzlich notwendige Zustimmung der Frau zu
beabsichtigten Verfügungen des Mannes.
Die angeführten Ergebnisse sind durch Trennung des öffent-
lichen und privaten Interesses gewonnen, sie sollen so auch der
Darstellung des neuen Rechtes zu Grunde gelegt werden.
s» 8, R.-G. Bd. XXIII S. 385 u. Gruonor Bd. XXXIII 8. 121.