Full text: Archiv für öffentliches Recht.Sechzehnter Band. (16)

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dieser Abhandlung nicht möglich. Jedoch können im Anschluss 
an die Abhandlung Bernpr’s folgende Materien der freiwilligen 
Gerichtsbarkeit ihre neurechtliche Behandlung und die Folgen 
der Annahme öffentlichen Rechtes berührt werden: 
1. Die sog. Konsensstreite der Ehegatten untereinander 
betreffen auch nach neuem Rechte nicht Streitsachen des öffent- 
lichen Rechtes, da eine besondere Bestimmung über die prin- 
zipielle Auffassung des Gesetzgebers fehlt und es nicht wohl ge- 
rechtfertigt ist, ein Öffentliches Interesse von vorwiegender Be- 
deutung bei den Fällen der $$ 1379, 1402, 1447, 14ö1ff. B.G.-B. 
anzunehmen. Trotzdem wurde den Wünschen der Regierungen 
von Preussen, Bayern, Sachsen, Hessen und Schaumburg-Lippe 
entsprochen und eine richterliche Thätigkeit des Vormund- 
schaftsrichters in diesen Streitsachen beschlossen. Nach den 
Protokollen der Kommission S. 5114—5118, auch 8. 169 der 
Subkommission zu & 1319 Entwurf I soll in dem Verfahren 
die Offizialmaxime kein strenger Beweisgrundsatz .gelten, nur im 
Rahmen der Zweckmässigkeit habe die Entscheidung zu er- 
folgen. In der Praxis wird jedoch diese aus bester Absicht ge- 
leitete Auffassung dem Richter unter Umständen Schwierigkeiten 
bieten. Die angerufene Entscheidung ist stets rechtserzeugend 
für den fraglichen Rechtsakt und es wird zweifelhaft sein, ob 
man sich ferner auf Gebieten der Zweckmässigkeit bewegt, wenn 
zugleich als Grundlage der Entscheidung die Gültigkeit des an- 
gerufenen ehelichen Güterrechts festzustellen ist. Werden recht- 
liche Einwände vorgebracht, welche der Richter für offenbar un- 
begründet hält, so entspricht eine sofortige den Rechtsakt voll- 
endende Entscheidung wohl den Absichten der Motive. Diese dann 
rein richterliche Thätigkeit ist jedoch doppelt verantwortungsvoll, 
wenn man ihre rechtserzeugende Macht gegenüber der Behaup- 
tung eines Rechtsstreites und die dem subjektiven Gefühl an- 
heimgegebene und damit gefährliche Auslegung des „Chikane- 
verbotes“ in Betracht zieht. Letzteres hat der Reichstag be- 
Archiv für Öffentliches Recht. XVI. 8. 30
	        
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