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5. Jedes Gesetz kann durch Uebungsrecht aufgehoben werden.
Es lässt sich nicht leugnen, dass die geistvollen Ausführungen des
Verf., aufgebaut auf einer reichen Literaturkenntnis, die Lehre vom Ge-
wohnheitsrechte nach den mannigfachsten Richtungen fördern. Besonders
gilt das von dem ersten Teile, der der Kritik der bisherigen Lehren ge-
widmet ist.
Aber die positiven Ergebnisse, zu denen der Verf. gelangt, bieten
doch schwerlich eine befriedigende Lösung. Gewiss werden durch die Zu-
rückführung des Gewohnheitsrechtes auf das Rechtsgefühl manche Schwierig-
keiten überbrückt, insbesondere findet die Frage eine Antwort, wieso die
Niehtübenden an die Uebung als Recht gebunden sein sollen. Aber eine
wesentliche Seite des Rechtes wird dabei vollständig übersehen, die der
Macht. Das ist besonders nach der sozialen Richtung wichtig. Alles Recht
ist stabilierte Machtordnung. Wenn gewohnheitsrechtlich die bäuerlichen
Dienste zu gunsten der Gutsherren stetig gesteigert wurden, war es da etwa
das Rechtsgefühl der Bauern, das sie zu immer grösseren Leistungen be-
stimmte, das Rechtsgefühl der Gutsherren, das diese immer mehr fordern
liess? Mit dem Gefühl ist es eine eigene Sache. Gewiss ist das Gefühl
nieht bloss individuell, es giebt ein Gesamtgefühl in engeren und weiteren
Kreisen. Aber gerade wo gegensätzliche Interessen durch die Rechtsord-
nung gegen einander abgegrenzt werden, kann von einem auf Rechtsgefühle
beruhenden Rechte nur die Rede sein, wo die Abgrenzung allseitig als ge-
rechter Ausgleich empfunden wird. Das kann der Fall sein, aber es muss
leider nicht so sein.
Bei aller Anerkennung des Buches wird man daher nicht zu dem Er-
gebnisse gelangen können, dass der Verf. das Problem des Gewohnheits-
rechtes, wie er es selbst beabsichtigte, endgiltig gelöst hat. Wohl aber hat
er manchen wertvollen Baustein zu dem grossen Werke herbeigeschafft.
Berlin. Conrad Bornhak,
s
Dr. jur. F. Damme, Reichsgesetz betreffend die Patentanwälte
vom 21. Mai 1900. Für den praktischen Gebrauch systematisch
dargestellt. Berlin, Otto Liebmann, 1900. VII, 196 S.
Wenn auch die Auslegung des im vorliegenden gehaltvollen Buche be-
handelten Gesetzes nicht besondere Schwierigkeiten bietet, so besteht doch
die Notwendigkeit, Lücken desselben, die sich insbesondere in Fragen des
Verfahrens fühlbar machen, zu ergänzen. Zu diesem Zwecke zieht der Verf.
mit glücklicher Hand die Vorschriften anderer Gesetze heran. Fast durch-
wegs ist ihm hiebei zuzustimmen; nur bezüglich einzelner der von ihm für
die Wiederaufnahme des ehrengerichtlichen Verfahrens aufgestellten Grund-
sätze ist dies nicht der Fall. Das gilt insbesondere für den Satz, dass eine