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massa damnata vermehrt haben.“ Erst durch die Erlösung wurde dem
Menschen dieses Recht wiedergegeben. Die Ehe hängt also aufs innigste
mit der übernatürlichen Ordnung zusammen. „Sie steht darum der legi-
timen Autorität auf religiösem Gebiete primär zur Ordnung zu.“ Wo für
einen Kreis von Menschen eine solche legitime Autorität nicht besteht, wie
bei Heiden, oder nicht anerkannt wird, wie bei Protestanten, mag def Staat
als „nächstbeteiligter Interessent“ die Ehe ordnen. Nur soll er auch hiebei
das Wesen der Ehe und ihre Unauflöslichkeit zur Richtschnur nehmen.
Bemerkenswert sind namentlich auch die Folgerungen, welche Verf.
für das von den Katholiken zu beobachtende Verhalten zieht. Da wird ins-
besondere bezüglich der Eheschliessung hervorgehoben: „Den Katholiken ist
erlaubt, um grössere Uebel zu vermeiden, als Standesbeamte zu fungieren“
aber wo eine Eheschliessung kirchlich nicht zulässig wäre, müssen sie ihre
Mitwirkung versagen. „Die Katholiken können vor dem Standesbeamten,
um grösseren Uebeln auszuweichen, den verlangten Konsens sich geben,“
aber sie sollen wissen, „dass sie in gar keinem Fall bei der Erklärung vor
dem Standesbeamten den inneren und ernsten Willen haben dürften, jetzt
eine Ehe zu schliessen. Sie können nur ganz äusserlich als reine Ceremonie
die geforderte Erklärung abgeben“ (S. 79). Die Scheidung macht
natürlich besondere Schwierigkeiten: der katholische Ehegatte darf sie nicht
verlangen, der Rechtsanwalt nicht betreiben, der Richter nicht aussprechen
(S. 84). Doch meint der Verf.: „um grössere Uebel zu vermeiden, um es
dem Katholiken nicht unmöglich zu machen, ein Richteramt oder ‘eine Ad-
vokatur zu bekleiden“, könnte man am Ende Nachsicht üben, wenn nicht
bei den Advokaten, die ja immer ablehnen können, s0 doch bei den Rich-
tern: „non sunt inquietandi judices catholici“ würde, wie er hofft, gegebenen
Falles die römische Entscheidung lauten,
Bei Betrachtung der einzelnen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetz-
buches kommt Verf. auf diese Fragen zurück. Auch die Zulassung der „un-
eigentlichen Scheidung“ nach & 1575 hilft dem Katholiken nicht viel, weil
der andere Teil immer eine wirkliche Scheidung daraus machen kann; dazu
darf er wieder nicht die Hand bieten. Deshalb schliesst das Buch mit dem
Satze: „Der Katholik befindet sich dem Eherecht des Bürgerlichen Gesetz-
buches gegenüber dauernd in misslicher Lage.“ O0. M.
A. von Kirchenheim, a. o. Professor der Rechte in Heidelberg, Kirchen-
recht für deutsche Theologen und Juristen. Bonn, A. Mar-
cus & E. Webers Verlag, 1900. 407 S.
Das Buch bildet den sechsten Teil der bei der Verlagsfirma, erscheinen-
den Sammlung theologischer Handbücher. Es will wohl auch dem „juristi-