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Landesherrn Treue und Gehorsam geloben, dem Letzteren das
feierliche, häufig eidliche Versprechen, die Verfassung zu be-
obachten und den Gesetzen gemäss zu regieren. Beide Er-
klärungen, die Huldigung der Unterthanen und die Zusicherung
des Landesherrn, früher meist in die Form einer Bestätigung
der landschaftlichen Privilegien gekleidet, stammen schon aus der
ältesten Zeit, Ebenso hat man sie von jeher als „ordentliche
Korrelata und unzertrennliche Stücke* aufgefasst (so schon
J. Moser, Von der Reichsstände Landen S. 1172; vgl. ausser-
dem SCHULZE a. a. O. 8. 245; ZACHARIAE a. a. 0. S. 298). In
den Braunschweig-Wolfenbüttel’schen Privilegien vom 9. April
1770 8 79 ist ausdrücklich bestimmt, dass die Landstände und
Unterthanen vor der fürstlichen Versicherung nicht schuldig sein
sollten, zu huldigen und Gehorsam zu leisten (ZACHARIAE a. a. OÖ.
S. 300 Anm. 4).
Mehrfach hat man aus diesem gegenseitigen Verhältnisse
auch die Folgerung hergeleitet, dass bis zur Ertheilung der Re-
versalen die Ausübung der Regierung nicht stattfinden dürfe
(vgl. R. v. Mont, Württemberg. Staatsrecht $ 27; v. RÖNNE,
Preuss. Staatsrecht 1. Aufl.! Bd. IL 8. 343). Allerdings haben
die Mehrzahl der staatsrechtlichen Schriftsteller (vgl. SCHULZE
a. a. O. Bd. I S. 246; derselbe, Preuss,. Staatsrecht $ 63;
BORNHAK, Preuss. Staatsrecht Bd. I S. 184; v. Heıo a. a. 0.
Bd. II S. 272; G. Meyer a. a. OÖ. Bd. I S, 247; SARWEY,
Württemberg. Staatsrecht Bd. IS. 54ff.; v. SEYDEL, Bayer. Staats-
recht Bd. I S. 200 u. A.) diese Auffassung verworfen, indem
sie davon ausgehen, dass die beiderseitigen rechtlichen Beziehungen
unabhängig von der ausdrücklichen Erklärung beständen, ins-
besondere das Recht des Landesherrn nicht ausschliesslich auf
der Verfassung beruhe und deshalb sowohl der Verfassungseid
des Letzteren wie der Huldigungseid der Unterthanen juristisch
i In den späteren Auflagen hat er seine Ansicht geändert.