Full text: Archiv für öffentliches Recht.Sechzehnter Band. (16)

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übliche Verfahren, einem Landesherrn, der „zwar nicht blöd- 
sinnig, aber notorisch von einer so üblen Sinnesart war, dass man 
ihm die Regierung nicht anvertrauen konnte“, die Regierungs- 
gewalt freilich nicht ganz zu entziehen, aber eine Regierungs- 
verwesung anzuordnen, die statt seiner das Land regierte, sei 
auch heute noch voller Grund vorhanden, Auch ScHULZE (a. a. O. 
S. 277) hält dafür, dass die konstitutionellen Schranken nicht 
ausreichen gegenüber einer auf den Thron gelangenden Persön- 
lichkeit, die „durch schlimme Naturanlage oder schlechte Erzie- 
hung verleitet, die Staatsgewalt in gröbster Weise missbraucht“; 
in einer solchen Denk- und Handlungsweise könne sich ebenso 
eine absolute Regierungsunfähigkeit aussprechen, wie in einer 
eigentlichen Geisteskrankheit, und es müsse deshalb das gleiche 
Verfahren eintreten, nämlich die Einsetzung einer Regentschaft, 
„wodurch der seine Regierungsgewalt in grober Weise miss- 
brauchende Landesherr der Ausübung derselben vollständig ent- 
kleidet wird, sodass dadurch thatsächlich dasselbe erreicht wird, 
wie durch eine wirkliche Entsetzung“. Zu einer solchen Maass- 
regel sei ausser den landesverfassungsmässigen Faktoren jetzt ent- 
schieden auch die Reichsgewalt berufen. Die Befugniss dazu er- 
gebe sich aus der Aufgabe, das Recht innerhalb des Bundes- 
gebietes zu schützen, insbesondere auch die Fürsten gegen Auf- 
lehnung ihrer Unterthanen zu vertheidigen. Wenn es deshalb 
den landesverfassungsmässigen Faktoren nicht gelinge, einen ge- 
ordneten Rechtszustand herzustellen, so sei die Reichsgewalt, 
d. h. Kaiser und Bundesrath, berechtigt und verpflichtet, mit 
Zwangsmaassregeln gegen eine Regierung einzuschreiten, welche 
ihre verfassungsmässigen Bundespflichten nicht erfülle, wozu auch 
die Führung einer geordneten Landesregierung gehöre. Die 
Zwangsmaassregeln könnten ausgedehnt werden bis zu einer Se- 
questration des Landes und seiner Regierungsgewalt, d. h. zur 
Uebernahme der gesammten Regierungsgewalt durch das Reich, 
durch Einsetzung einer Regentschaft oder durch einen wirklichen
	        
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