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jetzt selbstverständlich aufhören. Und zwar genügt nicht eine
äusserliche „Umbuchung* der Lehre. Es genügt auch nicht,
dass man, wie man so gern thut, die alten Civilrechtssätze ein-
fach öÖffentlichrechtlich benamse. Die Lehre muss umgedacht
werden. Ein Rechtsinstitut öffentlichrechtlich denken, heisst es
erkennen als eine Erscheinung der öffentlichen Gewalt und auf
dieser Grundlage alle seine Einzelheiten erklären. Was nicht
auf solche Weise wurzelecht öffentlichrechtlich ist, alles Krypto-
civilrechtliche unterliegt in der Wirklichkeit des Rechtslebens
ganz von selbst wieder der mächtigen Anziehungskraft des Bür-
gerlichen Gesetzbuches. Farbe bekennen heisst es jetzt.
Das scheint, wie gesagt, viel verlangt. Und doch, wenn
man näher zusieht, wird man leicht inne werden, dass der wir-
kungskräftige Kern öffentlichrechtlicher Auffassung an unserer
öffentlichen Sache immer schon vorhanden war. Es kommt nur
darauf an, den Gedanken sich voll und frei entfalten zu lassen.
Schon für das römische Recht, das ja den Ausgangspunkt
für die ganze Lehre liefert, wird man die Rolle, welche als
lebendig öffentlichrechtliches Element darin spielt, viel höher
bewerthen müssen, als es wohl früher üblich war. Eine dem
Staatsgedanken entfremdete Schulwissenschaft hat den Schwer-
punkt allzusehr auf Nebendinge gelegt. Wo der Verkehrsaus-
schluss mit Kultvorstellungen zusammenhängt, können wir freilich
nicht so unmittelbar anknüpfen; die res sanctae, sacrae, religiosae,
die unseren Festungswerken, Kirchen, Kirchhöfen entsprechen
würden, lassen wir also bei Seite. Nur die res publicae, also
Gruppe C nicht, vielleicht aber doch die rechtliche Natur der Festungswerke
und der öffentlichen Schienenwege, die dem Reich gehören. — Die neueste
Auflage von Wmopschein’s Pandekten (1900, Kipp) Bd. II S. 630 giebt
eine reiche Zusammenstellung der einschlägigen Literatur; an die Möglich-
keit, dass auch bei anderen als bei Pandektisten und Germanisten Erör-
terungen des Gegenstandes zu finden sein würden, ist aber dabei gar nicht
gedacht worden. Das kann uns bei der üblichen Stellungnahme der Publizisten
nicht Wunder nehmen.