Full text: Archiv für öffentliches Recht.Sechzehnter Band. (16)

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die Entziehungsbefugnis des Staates abhängt, ist jedoch keines- 
wegs als für alle Auszeichnungen und Personen völlig gleichartig an- 
zusehen, vielmehr kommt es hierbei sowohl auf Höhe und Art 
der Auszeichnung als auf die persönlichen Verhältnisse des Aus- 
gezeichneten an. Eine andere ist die Ehrenverpflichtung des- 
jenigen, der den höchsten Staatsorden erhalten hat, eine andere 
die des Inhabers eines einfachen Ehrenzeichens. Ebenso ver- 
schiedene Ehrenverpflichtungen haben der Inhaber eines Militär- 
verdienstordens und der Arzt, dem der Titel „Sanitätsrat* oder 
der Kaufmann, dem der Titel „Kommerzienrat“ 1 zu teil geworden 
ist. Es kann deshalb vorkommen, dass wegen derselben Handlung 
(z. B. Feigheit) dem einen seine Auszeichnung entzogen werden 
kann, dem andern nicht. Das ist aber festzuhalten, dass bei 
erheblichen Rechtsverletzungen der Staat die von ihm ver- 
liehenen Auszeichnungen regelmässig wieder entziehen kann; denn 
jene vertragen sich kaum je mit der Ehrenverpflichtung des 
Inhabers. 
Wir sind somit schon allein auf Grund des Begriffes der 
die Unbescholtenheit voraus, mit dem Wegfalle derselben hörten die über- 
tragenen Rechte von selbst auf“. Dies widerspricht unserer Auffassung 
insofern nicht, als mit dem Aufhören der „Rechte“ die Auszeichnung noch 
nicht verloren ist, wie das Bestehen der Vorschrift des $ 22 desselben 
Preussischen Strafgesetzbuches ja lehrt. 
1# Ein Kaufmann, dem der Titel „Kommerzienrat“ verliehen worden 
ist,darf sich vor allem kein unlauteres Geschäftsgebahren zuschulden kommen 
lassen. Offenbar aus diesem Grunde hat nach jüngst durch die Zeitungen 
gegangenen Berichten der Herzog von Anhalt vor nicht langer Zeit den 
von ihm verliehenen Kommerzienratstitel einem gewissen X wieder entzogen. 
Da X den Titel trotzdem weitergeführt hat, ist er vom Schöffengerichte in 
Coethen auf Grund des $ 860 No. 8 des R.-Str.-G.-B. verurteilt worden. 
Die von ihm beim Landgerichte Dessau und Oberlandesgerichte Naumburg 
eingelegten Rechtsmittel sind erfolglos geblieben. Es kommt zwar in diesem 
Falle anhaltisches Staatsrecht in Betracht; danach dürften aber die Ver- 
hältnisse kaum anders liegen, als in Preussen. Die wiederholten Bemühungen 
des Verfassers in den Besitz der Strafurteile zu gelangen, um die Ansichten 
der Gerichtshöfe anführen zu können, sind erfolglos geblieben. 
Archiv für öffentliches Recht. XVI. 4. 35
	        
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