Full text: Archiv für öffentliches Recht.Sechzehnter Band. (16)

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begriff. Mit der Zeit änderte sich jedoch die Sachlage. Man 
begann den Staat als ein Ganzes aufzufassen, unabhängig von 
den einzelnen ihm zukommenden Rechten, den Fiskus aber als 
eine Seite dieses Ganzen. Einer der neuesten Forscher dieser 
Frage — RINTELEN — sagt: „Nach heutigem Staatsrechte ist 
die vermögensrechtliche Persönlichkeit des Staates begrifflich nur 
eine Seite der Staatspersönlichkeit“15, Jetzt ist dieser Stand- 
punkt unbedingt der herrschende. Und nicht nur die Theorie 
hat ihn angenommen, sondern auch die modernen Gesetzgebungen 
führen ihn durch. 
Der Fiskus ist also der Staat selbst, welcher mit gewissen 
Rechtsbefugnissen ausgerüstet ist, Rechtsbefugnissen, die sich 
qualitativ von den Rechten der Herrschaft, der Souveränität 
unterscheiden. Die juristische Natur dieser Befugnisse des 
Staates muss jedoch näher bestimmt werden. Vom Standpunkte 
einer sehr zahlreichen Gruppe von Autoren ist die Antwort auf 
diese Frage höchst einfach: als Fiskus erscheint der Staat in 
denjenigen Fällen, wo er sich den Normen des Privatrechts 
unterordnet und, dem imperium entsagend, in den Civilverkehr 
tritt. — So LaBann !6, Zorn!”, H. ScHuULzE!®, M. SEIDEL" u. v. a. 
Indessen führt eine tiefere Analyse der bestehenden Verhältnisse 
zu der Ueberzeugung, dass die fiskalische Natur des Staates sich 
nicht nur in der privatrechtlichen Sphäre des Privatrechts, sondern 
nicht selten auch in jenen Fällen offenbart, wo der Staat sich in 
den Schranken des öffentlichen Rechts bewegt. In der That tragen 
viele vermögensrechtlichen Befugnisse des Staates unbedingt einen 
öffentlichen Charakter; so wird z. B. das Verhältnis des Staates 
15 Sub verbo „Fiskus“ im Handwörterbuch der Staatswissenschaften. 
16 Staatsrecht des Deutschen Reichs 1895, 3. Aufl., Bd. II S. 801 ff. 
17 Staatsrecht des Deutschen Reichs Bd. II S. 220. 
18 Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts 8. 576; auch RINTELEN, 
loc. eit. 
19 Bayerisches Staatsrecht Bd. IV S. 1f. 
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