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Gegner der öffentlichen Sachenrechte des Staates merklich zu-
sammengeschmolzen **,
Das Gesagte zusammenfassend, müssen wir nochmals aus-
drücklich bemerken, dass der Staat auf dem Gebiet des Rechts-
lebens eine zwiefache Rolle spielt: er kann als befehlende und
zwanganwendende Person handeln — in diesem Falle übt er das
imperium aus, — oder als Subjekt vermögensrechtlicher (privater
und öffentlicher) Ansprüche — d.h. als Fiskus, in welchem Falle
er dann sein dominium realisiert.
Für die Konstruktion des Begriffs des völkerrechtlichen Rechts-
verhältnisses ist diese Unterscheidung von grösster Bedeutung.
Thatsächlich werden durch die Normen des Völkerrechts nur
solche Verhältnisse zwischen selbständigen politischen Gremein-
wesen geregelt, welche in der Ausübung des imperium, der
Hoheitsrechte bestehen. Nur dann, wenn beide Subjekte sich
als befehlende, mit souveränen Rechten ausgerüstete Personen
offenbaren, kann von einer völkerrechtlichen Verpflichtung einer-
‚ seits und von einem völkerrechtlichen Anspruch anderseits die
Rede sein.
Eine jegliche Norm des Völkerrechts wird als eine über
zwei oder mehreren Subjekten stehende und ihre völlige Koordi-
nation und gegenseitige Unabhängigkeit voraussetzende Regel
gedacht. Das ist aber nur dort möglich, wo es sich um die
Ausübung von Hoheitsrechten handelt. Sobald die Sache ver-
mögensrechtliche Ansprüche betrifft, wird das Verhältnis der
Koordination gestört, und der Fiskus erscheint auf der Bildfläche.
Deshalb kann ein Verhältnis zwischen einem Staat als Fiskus
und einem Staat als Träger des imperium nicht als ein Verhält-
nis zweier unabhängiger, koordinierter Subjekte angesehen werden,
ebensowenig wie ein Verhältnis zwischen Staat und Privatpersonen.
2 Fine ausführliche Bearbeitung dieser Lehre bei Orro Mayer, op.
cit. Bd. II S. 35; vgl. auch Tezwer, Die Privatrechtstitel im öffentlichen
Recht, im Archiv für öffentliches Recht 1894 S. 376 ff.