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meistens keine Schwierigkeiten. Die heutige Wissenschaft?? und
auch die Gerichtspraxis*° sprechen sich dahin aus, dass solche
Klagen zur Jurisdiktion der Ortsgerichte gehören; wobei letztere,
gleich allen Gerichten, je nach Umständen, dieses oder jenes
positive Recht anzuwenden haben — lex loci contractus, lex
personalis debitoris u. s. w.
Strittiger und komplizierter wird die Frage von der Kompe-
tenz der Liokalgerichte in den Fällen, wo der fremde Staat als
Beklagter erscheint. Hier geben die Doktrin und die Praxis zwei
diametral entgegengesetzte Antworten. Vom Standpunkte einer
sehr zahlreichen Gruppe von Autoren (FOELIX, v. HOLTZEN-
DORFF, ÜUVEILLER, GABBA, DUDLEY-FIELD, BLUNTSCHLI, PHILLI-
MORE u. a.“*) sind die Ortsgerichte für die Beurteilung solcher
Fälle prinzipiell inkompetent*. Dieselbe Anschauung wird auch
vielfach von den Gerichten durchgeführt. Zu ihrer Rechtfertigung
wird gewöhnlich folgendes angeführt: 1. kraft seiner Souveränität
kann ein Staat sich nicht der Jurisdiktion eines andern unter-
werfen, da par in parem non habet potestatem; 2. könnte ein
dem Beklagten ungünstiges Urteil leicht die freundschaftlichen
Beziehungen zu ihm trüben und sogar zu einem vollständigen
Bruche führen; 3. ist die Vollstreckung eines Urteils, das einen
fremden Staat zum Ersatz des verursachten Schadens, der Ver-
luste u. s. w. kondemniert, überhaupt ganz unmöglich. Eine
nähere Betrachtung dieser Argumente zeigt indessen, dass sie
#2 Vgl. v. Bar’s Abhandlung im „Journal du droit international prive“
1885 S. 646ff. Die Entscheidung der Berliner juristischen Fakultät in dem
Falle Zappa, ibid. 1893 S. 477; Dvoroc in der „Revue du droit public“ 1894
S. 57ff.; FerRaup-GIRauD, op. cit. t. I p. 108.
+8 Siehe z. B. das Urteil des Seinegerichts vom 3. März 1875 („Journal
du droit international prive* 1876 p. 271).
* Eine ausführliche Aufzählung der Schriftsteller dieser Richtung siehe
bei F£RrAuD-GreAun, op. eit. t. Ip. 29.
#5 Mit Ausnahme jedoch der Klagen, die sich auf sachenrechtliche
Verhältnisse beziehen.