Full text: Archiv für öffentliches Recht.Sechzehnter Band. (16)

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Ebenso kann sich der Staat A das Recht ausbedingen, eine 
Eisenbahnlinie durch irgend einen dem Staate B gehörenden 
Lendstrich zu führen. Hierbei ist zu bemerken, dass B nur 
in dem Falle das Recht besitzt, dem Staate A. diese Konzession 
zu erteilen, wenn das ganze betrefiende Grundstück ihm gehört. 
Wenn also das Land Privateigentum dritter Personen ist, über 
das der Staat nur ein hoheitsrechtliches imperium besitzt, so ist 
eine vorhergehende Expropriation nötig. 
Analoge Verhältnisse können bei der Errichtung einer Tele- 
graphen- oder Telephonlinie, eines Unterseekabels u. s. w. ent- 
stehen. Indessen spielt in allen diesen Fällen nicht das Terri- 
torium als solches die Rolle eines praedium serviens, sondern 
nur ein konkreter Teil desselben, welcher als Objekt des Eigen- 
tumsrechts des Fiskus erscheint, und dabei nach der allgemeinen 
Regel nicht sein privates, sondern sein Öffentliches Eigentum 
vorstellt. Meistens wird ja das praedium serviens zum domaine 
public de l’Etat — zum Staatseigentum — gehören, weshalb alle 
Streitigkeiten in diesen Sachen sich als der Jurisdiktion der 
Ortsgerichte nicht unterstehend erweisen werden. Im Grunde 
genommen ändert das aber die Sache nicht, da alle Rechts- 
verhältnisse zwischen den beiden Subjekten — den Staaten — 
von dem inneren Recht desjenigen Landes normiert werden, in 
dem sich das praedium serviens befindet°®. Indem ein Staat auf 
fremden Grund und Boden Servitutsrechte erwirbt, unterwirft er 
sich tacite dem fremden Gesetz. Im Falle eines Streites wäre 
eine Berufung auf die Normen des Völkerrechts vollkommen un- 
statthaft, da letzteres nur diejenigen Rechtsverhältnisse normiert, 
als deren Subjekte unabhängige, ihre Hoheitsrechte ausübende 
politische Organismen erscheinen. 
Bloss in diesen engen Grenzen kann man unserer Meinung 
5 Vgl. MeıLı, Eisenbahnverträge in Holtzendorff’s „Handbuch des 
Völkerrechts“ Bd. III S. 263. 
s® Vgl. v. Liszt, Völkerrecht S. 105.
	        
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