— 615 —
Nach einer eingehenden Erörterung der Rechtsverhältnisse fremder
juristischer Personen im Einzelnen und das sie beherrschende örtliche Recht,
und zwar in den Fragen des Grundeigenthumserwerbes und des Niessbrauchs,
der Fähigkeit zum lukrativen Erwerb, der Privilegien, der Handlungs- und
Deliktsfähigkeit und des Eides der juristischen Personen bespricht der Verf.
die Vorschläge des „Institut de droit international“, welche in der Session
in Kopenhagen im Jahre 1897 beschlossen wurden. Der Verf. anerkennt,
dass dasjenige, was das „Institut de lege ferenda“ vorgeschlagen hat, im
Grossen und Ganzen dem bestehenden Rechtszustand entspricht. Der Verf.
erklärt sich mit der unterschiedslosen Gleichstellung aller juristischen Per-
sonen nicht einverstanden und hält eine Berücksichtigung des Zweckes der
fremden juristischen Personen bei der Frage der Anerkennung für an-
gebracht. Die Durchführung dieses Gedankens scheint dem Verf. in Art. 10
Einf.-@. z. B. G.-G. für das Deutsche Reich am sichersten verbürgt.
Im speziellen Theile bespricht der Verf. die internationalrechtliche
Stellung einiger besonderer Typen der juristischen Person, und zwar die
Stellung des Staates und der Handels-, insbesondere der Aktiengesellschaften.
Nach einer Erörterung des Falles Zappa, welcher der Wissenschaft eine
grosse Anregung gegeben und eine ganze Litteratur hervorgerufen hat, legt
der Verf. die Erwerbsfähigkeit fremder Staaten und das Prinzip der Spezia-
lität, die internationalrechtliche Behandlung vakanter Erbschaften und des
Vermögens erloschener juristischer Personen, die Stellung des fremden
Staates als Prozesspartei in Theorie und Praxis dar (S. 120ff.).
Ausserordentlich gründlich und von hohem Werthe für Theorie und
Praxis sind die Ausführungen des Verf. über die Anerkennung fremder
Aktiengesellschaften, über den Rechtszustand über diese Frage in einzelnen
Staaten, insbesondere im Deutschen Reiche, in Frankreich, Oesterreich und
in Itslien, ferner über das die einzelnen Rechtsbeziehungen fremder Gesell-
schaften beherrschende örtliche Recht, namentlich über den Geltungsbereich
des Personalstatuts und über das auf die Filialen anwendbare örtliche Recht.
Dem Verf. des vorliegenden Buches kann die Anerkennung nicht ver-
sagt werden, dass er durch seine gewissenhafte und gründliche Abhandlung
einen werthvollen Beitrag zur Literatur des internationalen Privatrechtes
geleistet hat. Sein Buch wird sicherlich in der Theorie und in der Praxis
die gebührende Achtung und Schätzung erlangen.
Wien. Dr. Gustav Walker.
Augusto Pierantoni, Die Fortschrittedes Völkerrechtsim XIX. Jahr-
hundert. Uebersetzt von Dr. Franz Scholz. Berlin, Vahlen, 1899.
132S. M. 3.—.
Zu Arbeiten, wie die vorliegende, können wir in Deutschland nur schwer
taugliche Stellung finden, von der aus eine allseitige gerechte Würdigung
40*