65 —
doch jetzt erfolgen, und zwar in einheitlichem Sinne schon um
des einheitlichen Grundbuchrechts willen. Das ist gerade das
besondere Verdienst des neuen Reichscivilrechts, dass es uns
dazu zwingt, auch auf den angrenzenden Gebieten des öffentlichen
Rechts einmal Ordnung und Klarheit zu schaffen. —
II. Wenn es demnach auch künftighin nach deutschem Rechte
noch öffentliche Sachen geben soll, so ist die zweite Frage: wie
ist ihr Kreis im Einzelnen abzugrenzen? und gehören ins-
besondere die Eisenbahnen dazu ?
Dass wir hier nicht einfach mit den Gesetzestexten aus-
kommen, ist von vornherein klar. Die Aufzählungen, welche
manche Gesetzbücher versuchen, bedeuten besten Falles nur
Beispiele *®.
Die Theorie hat sich lange bemüht, den usus publicus als
a priori massgebendes Merkmal durchzusetzen; sie scheut sich
nicht, zu diesem Zweck entweder das Wesen des usus publicus
zu entstellen oder Sachen auszuschliessen, die zweifellos öffentliche
Sachen sind. Das ist Scholastik. Mit unserer heutigen Art,
Rechtswissenschaft zu treiben, steht es besser im Einklang, dass
man beobachtet, was in der Wirklichkeit nach den Regeln be-
handelt wird, die sich aus dem Rechtsbegriff einer öffentlichen
Sache ergeben, und danach dessen Geltungsbereich zu bestimmen
sucht. Allein wie die Sache liegt, befinden wir uns jetzt gerade
in einer Uebergangszeit, der Sinn für öffentliches Recht und
seine festen Begriffe will sich erst durchringen. Man wird also
28 Ducrocg in seiner berühmten Abhandlung: Des Edifices publics
hat für das französische Recht den Versuch unternommen, die Zugehörig-
keit zum domaine public streng abhängig zu machen von einer gesetzlichen
Bestimmung, die dafür aufgewiesen werden könnte, „un texte special“ soll
gefordert werden. M. LamacHE in Revue critique Bd. XXVII S. 13ff. weist
die Schwächen dieses Systems überzeugend nach. Die Entgegnung Ducroca’s
ebenda S. 308 ff. vermag den Vorwurf nicht zu beseitigen, dass seine „Texte“
nur dann genügen, um das, was er in der Wirklichkeit als domaine public
findet, zu begründen, wenn er sie gewaltsam aufbauscht.
Archiv für Öffentliches Recht. XVI. 1. 5