Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

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thun; das Rechtsverhältnis begründet nur gegenseitige, nicht ge- 
meinsame Rechte und Verpflichtungen; das Verhältnis hat nicht 
den Zweck, nach aussen hin zu wirken. 
Nun giebt es aber Beziehungen zwischen Menschen, für 
welche die Denkform des Verhältnisses nicht genügt oder wobei 
dieselbe sugar gänzlich versagt. Nehmen wir die Familie; wohl 
bestehen hier Verhältnisse zwischen den Ehegatten, den Kindern 
und Eltern; allein das Verhältnis deckt nicht die Erscheinung, 
dass das Haupt der Familie für sämtliche Mitglieder handelnd 
auftritt und die Interessen der Gesamtheit nach aussen wahrt. 
Diese Konglomerate von Verhältnissen mit Zweckbestimmung be- 
zeichnen wir als Organismen. Dem Ausdruck Organismus be- 
gegnen wir häufig in der Wissenschaft des öffentlichen Rechts. 
Es ist aber zu betonen, dass der von uns gebrauchte Begriff des 
Organismus sich von demjenigen der organischen Theorie unter- 
scheidet. Unser Begriff des Organismus ist Begriff von mensch- 
lichen Beziehungen mit Zweckbestimmung; nicht aber ist er der 
Begriff des Organismus im naturwissenschaftlichen Sinne. Wenn 
wir eine andere und ebenso zutreffende Bezeichnung für die ge- 
schilderte Erscheinung zur Verfügung hätten, so würden wir sie 
vorziehen, um der Verwechslung mit dem Begriffe des natürlichen 
Organismus auszuweichen. Allein die Bezeichnung Organismus 
für die Denkform zusammenhängender Verhältnisse mit Zweck- 
bestimmung ist deshalb eine gut gewählte, weil diese Denkform 
im wesentlichen mit derjenigen des natürlichen Organismus über- 
einstimmt. Von der Hand zu weisen ist jedoch die Annahme, 
dass die menschlichen Verbände naturgegeben, natürlich wie die 
wirklichen Organismen seien‘. Auch das Merkmal ist in dem hier 
* Dass dies wirklich behauptet wird, weist E. Linas, Empirische Unter- 
suchungen zur allgemeinen Staatslehre S. 37, nach: PrEuss, dessen mehrfach 
über GIERKE hinausgehende Lehren wir gewissermassen als den Ausdruck 
der organischen Lehre ansehen können, scheint die Naturgegebenheit der 
staatlichen und aller anderen Verbände ohne Bedenken anzunehmen. Bei
	        
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