Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

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Die Denkform des Organismus ist wie diejenige des Ver- 
hältnisses eine allgemeine, nicht eine speziell vom Recht ge- 
schaffene..e Nehmen wir den Fall: Infolge ausserordentlicher 
Wassernot sind Menschenleben in Gefahr, die Nachbarn eilen 
zur Rettung herbei; rasch haben sich letztere geeinigt zu dem 
Rettungswerke. Ein erfahrener, willenskräftiger Mann stellt sich 
an die Spitze oder wird an die Spitze gestellt. Der einheitliche 
Wille dieses Mannes leitet und ordnet alles. Die Aufgaben sind 
zwar verteilt, aber alles steht unter diesem dirigierenden Willen. 
Dieser letztere durchströmt alle beim Rettungswerke Beteiligte, 
teils direkt, teils indirekt dadurch, dass noch andere, untere 
Leiter bestimmt sind, die aber alle unter der Leitung des ein- 
heitlichen Willens stehen. Alles arbeitet geschlossen zu dem 
Zwecke der Rettung. Diese Erscheinung kommt in einer be- 
stimmten Form zum Bewusstsein, nämlich in derjenigen des Or- 
ganismus. Charakteristisch bei dem Organismus ist die Ueberord- 
nung, die sich in einem massgebenden Willen gipfelt, und die 
Unterordnung, die sich in der Unterwerfung unter diesen Willen 
zeigt. Die Differenzierung, die in der Ueber- und Unterordnung 
zu Tage tritt, treffen wir zwar auch in der Gesellschaft. Denken 
wir an die Autorität, welche auf dem Gebiete der Politik, Mode, 
Kunst und Wissenschaft aufzutreten vermag und ebenfalls eine 
Differenzierung in Ueber- und Unterordnung bewirkt. Wir 
sprechen aber hier nicht von einem Organismus, weil sich die 
Ueber- und Unterordnung nicht als regelmässig und geschlossen 
zeigt. Nehmen wir ferner den Fall: An einer belebten Passage 
ist ein Polizist aufgestellt, der die Ordnung aufrecht erhält. Wir 
haben hier eine Ueber- und Unterordnung, allein keine Erschei- 
nung des Organismus, die Unterworfenen wechseln stets, kommen 
und gehen; es fehlt das Verhältnis des Unterworfenen zum Ueber- 
geordneten. Charakteristisch ist dem Organismus also nicht nur 
die Ueber- und Unterordnung, sondern es sind auch die Be- 
ziehungen der Untergeordneten zu einander und zu den Ueber-
	        
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