— 128 —
Es frägt sich, ob auch das Vorhandensein beweglicher Sachen
zum äusseren Merkmale des Staates gehöre. So wichtig, ja not-
wendig die beweglichen Sachen für das Staatsleben sind, nimmt
man doch davon Umgang, dieses Moment beim Staatsbegriffe be-
sonders hervorzuheben, da es uns als selbstverständlich erscheint,
dass die organisierte Personenmehrheit über die notwendigen Be-
weglichkeiten verfügt.
XVI. Der nach allgemeiner Denkform als Subjekt erschei-
nende staatliche Organismus erhält vom Völkerrecht die Eigen-
schaft der Rechtsfähigkeit, der Rechtspersönlichkeit. Das Völker-
recht anerkennt das Subjekt als öffentlichrechtliches, handlungs-
und deliktsfähiges Subjekt.
Das allgemeine, nicht nur aus dem Rechte eines speziellen
Staates fliessende Privatrecht verleiht dem Staate zudem den
Charakter der privatrechtlichen Persönlichkeit oder der juristi-
schen Person, welche privatrechtliche Handlungs- und Delikts-
fähigkeit besitzt.
Es frägt sich, ob es ein solches allgemeines Privatrecht gebe,
das sich bezieht auf den privatrechtlichen Verkehr der staatlichen
Subjekte untereinander, sowie der staatlichen Subjekte mit Einzel-
wechslung des Subjektes mit den Organen und Gliedern zurückzuführen.
Allerdings sind Verfügungen und Anordnungen der organisierten Einheit als
solcher, d. h. des völkerrechtlichen Rechtssubjektes, am Gebiete nicht nach-
zuweisen; nachweisen lassen sich nur Anordnungen der Organe und Hand-
lungen der Glieder im Einklang mit diesen Anordnungen; aber das Gleiche
ist eben auch der Fall beim dinglichen Rechte eines einzelnen Menschen.
Es ist eine ungenaue, aber gangbare Ausdrucksweise, die das Ganze für den
Teil nimmt, z. B. bei Eigentum an einer Cigarre oder an einer Flöte vom
Menschen spricht, der darüber verfügt, während es der Mund und die Hände
dieses Menschen sind, welche gemäss Anordnung des Willensorganes des
Menschen, des Gehirns, an diesen Gegenständen Thätigkeiten vornehmen.
So übt nicht der Staat als völkerrechtliches Subjekt sein Recht am Gebiete
aus, sondern die Organe und Glieder des Staates nehmen Anordnungen und
Handlungen vor, welche Ausfluss des Rechtes des Ganzen sind. ÜURTIUS
übersieht ferner, dass auch die „Unterthanen“ Glieder des Staates sind, und
dass deren Verfügungen somit Verfügungen von Teilen des Ganzen sind.