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aus eigener Macht, mit eigenen Mitteln zu erzwingen im stande
'sei, während die Gewalt der nichtstaatlichen Verbände wohl
Vorschriften für die Verbandsmitglieder erlassen, aber nicht er-
zwingen könne. Der Unterschied in der Wirksamkeit des Rechts
staatlicher und nichtstaatlicher Verbände liegt aber lediglich im
Unterschiede des Rechts selbst; die nichtstaatlichen Verbände be-
gnügen sich mit denjenigen Vorschriften, die sie durchzuführen
vermögen, das staatliche Recht geht viel weiter, eben weil die
Zwecke der staatlichen Organisation weiter gesteckt sind. Die
Durchführbarkeit der staatlichen Normen hat die gleiche Unter-
lage wie die Funktion des Rechts überhaupt; die Positivität ist
nicht durch eine bloss gedanklich konstruierte Macht, sondern
durch Momente gesichert, die wir bereits oben als Erscheinungen
der Organisation geschildert haben. Die Macht im vulgären Sinne
ist nur begründet, weil der Organismus funktioniert, weil nament-
lich die unteren Organe ihre übernommenen Pflichten erfüllen.
GEORG MEYER definiert die Staatsgewalt als den Inbegriff der dem
Staate gegenüber seinen Gliedern zustehenden Herrschaftsrechte;
diese Staatsgewalt im objektiven Sinne komme als subjektive in
denjenigen Organen zum Ausdrucke, welche allen anderen unter-
geordnet sind. Es ist aber doch keine Veranlassung vorhanden,
alle Befugnisse der Organe in den Kollektivbegriff der Staats-
gewalt zusammenzufassen und diese gesamten Befugnisse als Aus-
fluss einer fingierten Staatspersönlichkeit hinzustellen.
Der Begriff der Staatsgewalt ist aus der historisch-politischen
Betrachtung des Staates geflossen. Man hat sich gefragt, wel-
chem Organe die wichtigsten Befugnisse zukommen und diese Be-
fugnisse als Staatsgewalt, höchste Gewalt oder Herrschaftsgewalt
bezeichnet. Eine derartige Zusammenfassung und gemeinsame
Bezeichnung der wichtigsten Organbefugnisse ist aber nicht nur
überflüssig, sondern verleitet zu unrichtigen Anschauungen und
Konstruktionen. Mit Gewalt wird doch wieder nichts anderes
bezeichnet, als ein subjektives öffentliches Recht oder eine Zu-