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sog. Gliedstaaten eines Bundesstaates Staaten sind, beant-
wortet sich somit danach, ob sie völkerrechtliche Rechtssubjekte
seien.
Diese Frage ist jedenfalls für die Gliedstaaten des Deutschen
Reichs und der Schweiz zu bejahen; wenn auch nur in be-
schränkter Weise sind diese Gliedstaaten doch rechts- und hand-
lungsfähig auf dem Gebiete des Völkerrechts. Ein Staat ferner,
welcher völkerrechtlich zur Neutralität verpflichtet ist, hat aller-
dings eine Einbusse seiner Rechtsfähigkeit erlitten, hört aber
nicht auf, völkerrechtliches Rechtssubjekt und damit in diesem
Sinne souverän zu sein.
Die Beschränkung der Rechts- und Handlungsfähigkeit bei
den Gliedstaaten eines Bundesstaates erfolgt dadurch, dass sich
zwischen den (Gliedstaaten und dem Völkerrecht die Rechts-
ordnung eines höheren Gemeinwesens hineinschiebt. Diese Rechts-
ordnung ist aber eine gewollt beschränkte und umfasst nicht das
gesamte mögliche Gebiet des Rechts; der Gliedstaat hat des-
halb teilweise das staatliche Recht des Bundesstaates, teilweise
aber unmittelbar das Völkerrecht über sich. Soweit das staat-
liche Recht des Bundesstaates reicht, ist die Rechts- und Hand-
lungsfähigkeit des Gliedstaates aufgehoben , soweit aber dies
nicht der Fall ist, liegt die völkerrechtliche Rechts- und Hand-
lungsfähigkeit vor. Das staatliche Recht des Bundesstaates hin-
dert aber die Gliedstaaten nicht nur an der Entfaltung der
völkerrechtlichen Persönlichkeit, sondern dringt auch in den
Gliedstaat ein, alles widersprechende eigene Recht des Glied-
staates verdrängend. Das Recht des Bundesstaates wird zum
inneren Rechte auch der Gliedstaaten und verpflichtet und be-
rechtigt hier unmittelbar Organe und Glieder. Das eigene Recht
Bund kennen die völkerrechtliche Rechtspersönlichkeit der Einzelstaaten gar
nicht. WESTERKAMP, Staatenbund und Bundesstaat S. 173, 182ff. Mehr Be-
wegungsfreiheit haben die Gliedstaaten der Argentinischen Republik, nament-
lich Buenos-Ayres, s. WESTERKAMP S. 177ff.