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sprechend, eine Berücksichtigung von Schriften wirtschaftlichen, ethnographi-
schen, geographischen und ähnlichen Inhalts mit Recht ab. Ebenso hat er sich
auf die Darstellung des geltenden Rechts beschränkt, ohne den bestehenden
Rechtszustand zu kritisieren. Das Buch enthält also in mustergiltiger Weise
das, was men im Sinne des modernen Staatsrechts unter dem Kolonieal-
rechte versteht. In dieser Beziehung dürfte die SteneEL’sche Bearbeitung
die leitende Stelle, die sie bisher schon einnahm, auch in der neuen Form
behaupten.
Berlin. Conrad Bornhak.
Ludwig Kuhlenbeck, Otto von Bismarck. Reden und Aussprüche zur
deutschen Reichsverfassung. Nach der Legalordnung zusammengestellt.
Berlin, ©. Heymann. XIII u. 162 S. Preis M. 4.—.
Der Gedanke, die Aussprüche des Fürsten Bismarck zur Reichsverfassung
zusammenzustellen, ist nicht so neu, wie der Verf. des vorliegenden Buches
und sein Recensent im Verwaltungsarchiv Bd. 10 S. 183 meinen. Schon im
Jahre 1888 erschienen „Des Reichskanzlers Fürsten von Bismarck staats-
rechtliche und wirtschaftspolitische Anschauungen, nach seinen Parlaments-
reden und anderen öffentlichen Kundgebungen dargestellt“ von Dr. Orro
KUNTZEMÜLLER, ein Buch, in welchem auf S. 73—144 ein nicht unbedeutender
Teil des Materials, welches KUHLENBECK verwendet, gleichfalls zu finden ist.
Immerhin hatte letzterer den Vorteil, auch die späteren Publikationen von
und über Bismarck, insbesondere die „Gedanken und Erinnerungen“ benutzen
zu können.
In einem Vorworte spricht sich der Verf. über die Bedeutung seiner
Sammlung aus. Er sieht dieselbe weniger in dem Auslegungsmaterial,
welches dem Juristen für das Verständnis der einzelnen Verfassungsartikel
durch die Erörterungen ihres berufensten Interpreten zugeführt wird, ob-
gleich auch dieses nicht gering zu schätzen ist, als namentlich in den Finger-
zeigen, welche Bismarck dem Politiker im Sinne einer Vorwärtsentwicklung
unserer Verfassung im ganzen bietet. In dieser Richtung betont der Verf. an
dieser hervortretenden Stelle namentlich, dass Bismarck „ein föderealistisches
Deutschland, kein Grosspreussen wollte“. Mit dieser Auffassung identifiziert
sich der Verf. um so mehr, als nach seiner Ueberzeugung nur sie die Grund-
lage für die Erfüllung des weltgeschichtlichen Berufes bilden kann, welchen
er dem deutschen Volke zuschreibt, nämlich „die Centralsonne eines all-
deutschen oder gar pangermanischen Bundesstaates zu werden“ (S. XI). „Wie
der deutsche Zollverein dem Deutschen Reiche, so würde auch ein mittel-
europäischer Zollverein einem alldeutschen oder gar pangermanischen Staaten-
bunde die Wege bahnen können, aber nur unter der Voraussetzung, dass nicht
der bundesstastliche Charakter des Deutschen Reiches einem römischen oder
byzantinischen Imperialismus geopfert wird“ (S. XI).