Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

— 151 — 
Der Anordnung seiner Excerpte hat der Verf. die Legalordnung der 
Reichsverfassung zu Grunde gelegt, darin einigermassen von KUNTZEMÜLLER 
abweichend, welcher eine gewisse Systematik zu befolgen sich bemühte. Ob 
diese Art der Aneinanderreihung sehr vorteilhaft war, kann zweifelhaft 
sein. Ganz abgesehen davon, dass eine gewisse Reihe von Artikeln der 
Verfassung, welche mit abgedruckt werden, ohne Interpretation bleibt, ist 
es natürlich, dass viele der Bismarckschen Reden und gerade die bedeu- 
tendsten, den Geist der Reichsverfassung als solchen beleuchtenden, sich 
nicht auf den Leisten eines bestimmten einzelnen Artikels bringen lassen 
und daher mit gewisser Willkür hier oder dort untergebracht werden. 
Auch die vorkommenden Wiederholungen (z. B. S. 27 mit 39, 82 mit 86, 
77 mit 148) hängen damit zusammen. 
Unbedingte Vollständigkeit wird wohl der Verf. nicht für sich in Anspruch 
nehmen, um so weniger, als die Beurteilung desjenigen, was für das Ver- 
ständnis der Reichsverfassung wichtig ist, individuell bleibt. Aufgefallen ist 
mir z. B., dass für das zu Art. 16—18 behandelte Vetorecht des Kaisers bei 
der Gesetzgebung wohl die Reichstagsrede vom 21. Febr. 1881, welche ein 
solches als faktisch bestehend anerkennt, nicht aber die Erzählung aus den 
„Gedanken und Erinnerungen“ (Bd. 2 S. 306) aufgenommen ist, wie Bis- 
marck den Kaiser Friedrich zur Vollziehung des Reichsgesetzes vom 19. März 
1888 über die Verlängerung der Legislaturperiode des Reichstages durch den 
Hinweis darauf bestimmte, „dass ein Veto gegen übereinstimmende Beschlüsse 
beider gesetzgebend.an Körperschaften die Reichsverfassung dem Kaiser nicht bei- 
gelegt habe“. Der Zusammenhalt beider Stellen ergiebt zugleich, dass man 
die Aeusserungen des Politikers Bismarck zur Reichsverfassung für eine rein 
objektive Auslegung derselben bei voller Anerkennung ihrer Bedeutung 
immer doch nur mit Vorsicht und nach Massgabe der Umstände, unter denen 
sie gefallen sind, verwerten darf. 
Durch die Hinzufügung eines ausführlichen Namen- und Sachregisters 
hat der Verf. die Benutzung seines Buches erleichtert. Im übrigen er- 
mangelt dasselbe, abgesehen von der erwähnten Vorrede, eigener zusammen- 
fassender Erörterungen. Auch die vorhandene staatsrechtliche Litteratur ist 
nicht herangezogen; sonst wäre in Bezug auf die Frage, wie Bismarok den 
Rechtscharakter des Reiches und die Stellung seiner Organe sich gedacht 
hat, der Vortrag von Anschürz „Bismarck und die Reichsverfassung“ (1899) 
und die Schlusserörterung meines Aufsatzes „Grundzüge einer all- 
gemeinen Staatslehre nach den politischen Reden und Schriftstücken des 
Fürsten Bismarck“ (1898) zu erwähnen gewesen. 
Dass das Buch Excerpte enthält, welche weniger staatsrechtlichen als 
politischen Inhalts sind, ist nach der im Vorwort ausgedrückten Bedeutung, 
die der Verf. seiner Arbeit beilegt, verständlich, Manchmal geht er 
wohl zu weit darin, so z. B. wenn er zu Art. 35 ein langes Excerpt aus 
der Reichstagsrede vom 12, Februar 1885 mit der Veberschrift „Nothwendig-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.