Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

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des Staates als solchen sein, ja überhaupt nicht einmal ein selbständiges 
Recht des Staates; sie ist vielmehr nichts anderes als die Staatsgewalt in 
ihrer Beziehung und Basierung auf das Staatsgebiet, die Herrschaft des 
Staates innerhalb seines Gebietes über alle Personen und Sachen, „die Fülle 
der im Begriffe des Staates enthaltenen Herrschaft in der Anwendung auf 
diesen besonderen Raum, in ungeteilter Weise, mit Ausschliessung der übrigen 
Staaten“. 
So aufgefasst hat die Gebietshoheit nicht eine negative und eine posi- 
tive Seite, sondern einen einheitlichen Inhalt, nämlich die ausschliessende 
Befugnis, die Staatsgewalt überhaupt innerhalb des fraglichen Gebietes aus- 
zuüben, So aufgefasst kann sie sich auch erstrecken über Gebiete, deren 
Bewohner nicht staatsangehörig sind, wie nicht minder über unbewohnte 
Stücke der Erdoberfläche. Wollte man die Möglichkeit für letzteres be- 
streiten, weil in unbewohnten Landstrichen der Staat nicht durch Vermitt- 
lung von Personen seine Herrschaft ausüben könne, so müsste man als Kon- 
sequenz in den Kauf nehmen, dass im Falle des Wegzuges der ganzen Be- 
völkerung eines Landstriches der Staat die Gebietshoheit über diesen ver- 
löre, — ganz zu schweigen davon, dass zum Staatsgebiet ausser dem festen 
Land auch Binnen- und Territorialgewässer gehören können. Ueberdies ist 
ja die Ausschliessung aus einem Raume gerade so leicht zu verstehen, wie 
die Ausschliessung von einer Sache. 
Richtig ist allerdings, dass in der Völkerrechtswissenschaft auch noch 
heutigen Tages zumeist „das Territorium des Staates im Verhältnis zu 
anderen Staaten in völlig gleichmässiger Weise wie das Eigentum in privat- 
rechtlicher Beziehung behandelt wird“, und es mag auch zweckmässig sein, 
zur besseren Beleuchtung der Stellung, welche die Staatsgewalt des einen 
Staates gegenüber dem anderen einzunehmen hat, für die Ausschliesslichkeit 
des Gebietes die Analogie des Eigentums aus dem Privatrecht heranzuziehen. 
Aber darum ist noch keineswegs ausgeschlossen, dass jenes in Zukunft anders 
gehalten werden könnte, noch weniger aber ist dadurch eine ähnliche Be- 
trachtungsweise für das Staatsrecht bedingt. Im Gegenteil, die Theorie 
Feicker’s kann ohne Schwierigkeiten auch für das Völkerrecht Verwendung 
finden. 
Es ist insbesondere nicht zutreffend, dass „die Abtretung eines Stückes 
Staatsgebiet Abtretung eines Stückes Grund und Boden, also eines Gegen- 
standes“ sei. Es steht dabei nicht die Abtretung von Grund und Boden, 
sondern lediglich der Uebergang der ausschliessenden Herrschaft innerhalb 
des „abgetretenen“ Teiles des Staatsgebietes auf den anderen Staat in Frage. 
Treffend sagt in dieser Richtung Fricker: „Wenn der Hinz ein Vermögens- 
stück verliert, so bleibt er nicht bloss trotzdem der Hinz, sondern er er- 
leidet auch keine Aenderung an sich selbst. Wenn der Hinz einen Fuss 
verliert, so bleibt er auch der Hinz; aber anders ist er geworden; er hat 
an sich selbst eine Aenderung erlitten, Das kommt daher, weil sein Fuss
	        
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