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nicht als bereits realiter vorhanden angenommen wird.
Ebensowenig ist es möglich, durch blosse gegenseitige
Anerkennung eine Vereinbarung zu treffen.
Nach TRrIEPEL sollen weiterhin von den Vereinbarungen
Thatbestände ausgeschlossen sein, wo zwar durch mehrere Er-
klärungen ein Rechtserfolg erzeugt wird, wo aber die Erklärungen
nicht durch das Moment der Gegenseitigkeit in nähere Beziehung
zu einander gebracht werden, sondern alle nur als Summanden
zu betrachten sind, also insbesondere Wahlen.
Nun finden wir beispielsweise bei der Wahl eines Volks-
vertreters, dass das Resultat allerdings durch Summation der
Stimmen ermittelt wird. In dieser Beziehung sind die Stimmen
Summanden. Aber eine Wahl ist nicht ein blosses Rechen-
exempel, das Stimmenverhältnis nicht vom Zufall .diktiert. Durch
den Volksvertreter wird der Wille des Volkes, in der Hauptsache
(nicht dem Prinzipe nach) natürlich derer, die ihn gewählt,
repräsentiert. Demnach müssen die Voten subjektiv verschieden
gewertet werden, und dass sie gegen einander abgegeben werden,
beweisen die Wahlkämpfe sehr deutlich. Trotzdem ist die Wahl
eine Vereinbarung.
Jetzt ergiebt sich ohne weiteres die Beantwortung der von
TRIEPEL offen gelassenen Frage des Majoritätsprinzipes. Er
meint: bei der Ueberstimmung einer Minorität durch eine
Majorität liege streng genommen nur eine Vereinbarung der
Majorität vor. Aus Erwägungen indessen, deren praktische
Notwendigkeit ebenso einleuchte, wie ihre tiefere Begründung
noch der Untersuchung bedürfe, habe das objektive Recht fest-
gesetzt, dass die Majoritätsvereinbarung ebenso angesehen werde,
wie die der Gesamtheit. — In Wirklichkeit liegt nicht eine aus-
schliessliche Vereinbarung der Majorität vor; in der Verein-
barung erscheint der wahre Gemeinwille, denn die Minorität
kann nicht völlig ignoriert werden, selbst wenn sie sich ihrerseits
völlig passiv verhält. Wir haben bereits gesehen, dass selbst bei