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Lehrlinge erfolgen soll, eine mindestens dreijährige Lehrzeit zu-
rückgelegt und die Gesellenprüfung bestanden haben, es sei denn,
dass sie in einer Leehrwerkstätte ausgebildet wurden. Infolge-
dessen sollen (Gew.-O. 8 131c) die Innung und der Lehrherr
den Lehrling anhalten, sich nach Ablauf der Lehrzeit der Gesellen-
prüfung (Gew.-O. 8 131) zu unterziehen. Dem Gesuche um Zu-
lassung zu derselben ist das Lehrzeugnis beizufügen. Solches hat
($ 127c) der Lehrherr unter Angabe des Gewerbes, in welchem
der Lehrling unterwiesen worden ist, über die Dauer der Lehr-
zeit und die während derselben erworbenen Kenntnisse und Fertig-
keiten sowie, über sein Betragen dem Lehrlinge auszustellen. Doch
steht (Gew.-O. & 129a Abs. 4) dessen Ausstellung ihm selbst
bezw. seinem gemäss Gew.-O. 8 127 Abs. 1 bestellten Vertreter
nur für denjenigen Gewerbszweig zu, für welchen er selbst oder
letzterer zur Anleitung von Lehrlingen befugt ist. Zur Ablegung
der Meisterprüfung wird auf Grund Gew.-O. 8 133 aber nur ver-
stattet, wer die Befugnis zur Lehrlingsanleitung besitzt. Aus dem
Zusammenhange aller dieser Rechtsregeln folgt jedoch rechtlich
unwiderlegbar, dass nach heutgeltendem Gewerberechte eine ord-
nungsgemässe Lehre die Vorbedingung für eine ganze Reihe von
Befugnissen bildet, von welchen der höhere oder geringere Grad
der Erwerbsmöglichkeit abhängt, so dass auf den formgerechten
Abschluss des Lehrvertrages es wesentlich ankommt, um diejenigen
Vermögensvorteile zu eröffnen, welche einem ordnungsgemäss aus-
gebildeten Handwerker sich bieten. Infolgedessen kann, wer vor-
sätzlich oder fahrlässig hiergegen handelt, das Vermögen oder ein
sonstiges Recht des Lehrlings verletzen und demselben dafür aus
B. G.-B. 8823 schadensersatzverpflichtet werden, in Sonderheit, da
die gleiche Haftung auch denjenigen trifft, welcher gegen ein den
Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstösst. Dieser
Umstand zwingt gebieterisch zur sorgfältigen Beachtung aller ein-
zelnen Handlungen, durch deren Zusammenwirken erst der Lehr-
vertrag rechtswirksam wird.
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