Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

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werberechte ohne Lehrvertrag überhaupt ein ordnungsgemässes 
Lehrverhältnis nicht zu stande kommen kann, aber es an einer 
Ausnahmevorschrift fehlt, welche den Vater oder Vormund von 
Beobachten der als Regel aufgestellten Erfordernisse befreit. 
Infolgedessen kommt in Frage, ob der Vater oder Vormund 
überhaupt als Lehrherr zugelassen sind. Weil ihnen die Befug- 
nis zur Lehrlingsanleitung ihres Sohnes oder Mündels nicht aus- 
drücklich entzogen wurde, kann ihnen solche nicht versagt 
werden, insoweit sie im übrigen den gesetzlichen Voraussetzungen 
eines Lehrherrn entsprechen, obschon vielleicht aus praktischen 
Gesichtspunkten sich solches oftmals nicht empfiehlt. Können 
sie jedoch Lehrherren im rechtlichen Sinne sein, so haben sie 
auch die diesen obliegenden Pflichten gewissenhaft zu erfüllen. 
Mithin ist auch von ihnen ein formgerechter Lehrvertrag ab- 
zuschliessen und an die zuständige Stelle (Gew.-O. $8$ 126b, 129b) 
einzureichen. Auch hier sind die drei Unterschriften zu beschaffen. 
Auf Grund B. G.-B. $ 181 kann jedoch ein Vertreter im Namen 
des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter 
eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen. Der Lehr- 
vertrag ist aber ein Rechtsgeschäft, durch welches der Lehrherr 
einerseits, der Lehrling andererseits gegenseitige Rechte erwerben 
und Verpflichtungen übernehmen. Mithin darf der als Lehrherr 
auftretende Gewalthaber oder Vormund nicht die Vertretung 
seines Sohnes oder Mündels ausüben. Abgesehen von diesem 
allgemeinen Rechtsgrundsatze entziehen ihm wegen vorliegender 
kollidierender Interessen die Vertretungsbefugnis auch B. G.-B. 
SS 1630 bezw. 1795. Demgemäss liegen hier die Voraus- 
setzungen des B. G.-B. 8 1909 vor, wonach wer unter elterlicher 
Gewalt oder unter Vormundschaft steht, für Angelegenheiten, an 
deren Besorgung der Gewalthaber oder der Vormund verhindert 
ist, einen Pfleger erhält. Dieser letztere hat die dritte durch 
Gew.-O. 8 126b geforderte Unterschrift unter dem Lehrvertrage 
zu leisten, so dass der Vater oder Vormund als Lehrherr einer-
	        
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