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werberechte ohne Lehrvertrag überhaupt ein ordnungsgemässes
Lehrverhältnis nicht zu stande kommen kann, aber es an einer
Ausnahmevorschrift fehlt, welche den Vater oder Vormund von
Beobachten der als Regel aufgestellten Erfordernisse befreit.
Infolgedessen kommt in Frage, ob der Vater oder Vormund
überhaupt als Lehrherr zugelassen sind. Weil ihnen die Befug-
nis zur Lehrlingsanleitung ihres Sohnes oder Mündels nicht aus-
drücklich entzogen wurde, kann ihnen solche nicht versagt
werden, insoweit sie im übrigen den gesetzlichen Voraussetzungen
eines Lehrherrn entsprechen, obschon vielleicht aus praktischen
Gesichtspunkten sich solches oftmals nicht empfiehlt. Können
sie jedoch Lehrherren im rechtlichen Sinne sein, so haben sie
auch die diesen obliegenden Pflichten gewissenhaft zu erfüllen.
Mithin ist auch von ihnen ein formgerechter Lehrvertrag ab-
zuschliessen und an die zuständige Stelle (Gew.-O. $8$ 126b, 129b)
einzureichen. Auch hier sind die drei Unterschriften zu beschaffen.
Auf Grund B. G.-B. $ 181 kann jedoch ein Vertreter im Namen
des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter
eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen. Der Lehr-
vertrag ist aber ein Rechtsgeschäft, durch welches der Lehrherr
einerseits, der Lehrling andererseits gegenseitige Rechte erwerben
und Verpflichtungen übernehmen. Mithin darf der als Lehrherr
auftretende Gewalthaber oder Vormund nicht die Vertretung
seines Sohnes oder Mündels ausüben. Abgesehen von diesem
allgemeinen Rechtsgrundsatze entziehen ihm wegen vorliegender
kollidierender Interessen die Vertretungsbefugnis auch B. G.-B.
SS 1630 bezw. 1795. Demgemäss liegen hier die Voraus-
setzungen des B. G.-B. 8 1909 vor, wonach wer unter elterlicher
Gewalt oder unter Vormundschaft steht, für Angelegenheiten, an
deren Besorgung der Gewalthaber oder der Vormund verhindert
ist, einen Pfleger erhält. Dieser letztere hat die dritte durch
Gew.-O. 8 126b geforderte Unterschrift unter dem Lehrvertrage
zu leisten, so dass der Vater oder Vormund als Lehrherr einer-